The Cranberries – MTV Unplugged
Als The Cranberries 1995 ihr MTV Unplugged-Konzert spielten, ahnte niemand, dass dieses Set zu einem der eindrucksvollsten Momente der gesamten Unplugged-Ära werden würde. In einer Zeit, in der Alternative Rock zwischen Grunge-Erbe und Britpop-Euphorie oszillierte, zeigten die Iren, wie viel Kraft in Reduktion steckt – und wie sehr Dolores O’Riordan’s Stimme auch ohne Verstärkerwände berühren kann.
Das nun neu veröffentlichte und klanglich überarbeitete MTV Unplugged (2025) fängt die Band auf dem Höhepunkt ihres kreativen Schaffens ein. Songs wie „Linger“, „Dreaming My Dreams“ und „Zombie“ entfalten in dieser akustischen Umgebung eine fast intime Intensität. Wo im Studio oft Gitarren und Effekte dominierten, bleibt hier Platz für Atmung, Stille und Emotion – jede Zeile, jede Note trägt.
Besonders beeindruckend ist O’Riordans Stimme: glasklar, verletzlich, gleichzeitig kraftvoll und einzigartig. Ihr typisches Tremolo, ihr Wechsel zwischen Zartheit und Wut – im Unplugged-Setting wirkt das noch unmittelbarer. Die Band begleitet sie mit spürbarem Respekt und Feingefühl: akustische Gitarren, dezentes Schlagzeug, nie zu viel, immer genau richtig.
Was diese Aufnahme so besonders macht, ist ihre zeitlose Ehrlichkeit. MTV Unplugged ist kein aufpoliertes Nostalgieprodukt, sondern ein Moment echter Verbindung zwischen Band und Publikum – rau, schön, menschlich. Die Neuauflage unterstreicht das mit einem warmen, transparenten Sound, der die ursprüngliche Atmosphäre respektvoll einfängt.
The Cranberries – MTV Unplugged bleibt ein Meilenstein – ein Dokument einer Band, die zwischen Schmerz und Sanftmut ihre eigene Sprache fand. Ein intimes, bewegendes Stück Musikgeschichte, das zeigt, dass große Songs auch ohne Strom hell leuchten.
Text: Dennis Kresse
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