Mit „Deine Disco – Geschichte in Scheiben. Wie Musik Politik macht“ war Jürgen Becker am 16.Dezember im Pantheon in Bonn zu Gast – und bewies einmal mehr, dass politische Bildung, Zeitgeschichte und Humor keine Gegensätze sein müssen. Becker nimmt sein Publikum mit auf eine Reise durch die Musikgeschichte der Bundesrepublik und darüber hinaus, immer entlang der Frage, wie Songs zu Spiegeln gesellschaftlicher Stimmungen und politischen Handelns werden.
Dabei funktioniert der Abend weniger wie ein klassisches Kabarettprogramm, sondern eher wie eine lebendige musikalische Chronik. Becker verbindet persönliche Erinnerungen, historische Einordnung und pointierte Kommentare zu einem Erzählfluss, der gleichermaßen unterhält und informiert. Die „Disco“ im Titel steht dabei sinnbildlich für eine Sammlung von Schallplatten, die zu Zeitdokumenten werden – jede mit einer eigenen politischen und gesellschaftlichen Sprengkraft.
Im Zentrum des Abends steht die Erkenntnis, dass Musik nie nur Begleiterscheinung war, sondern immer auch Haltung transportierte. Becker schlägt den Bogen von Protestliedern über Pop-Hymnen bis hin zu Songs, die ungewollt politische Wirkung entfalteten. Er zeigt, wie Musik Debatten anstoßen, Widerstand formulieren oder schlicht das Lebensgefühl ganzer Generationen prägen konnte. Dabei bleibt er stets nahbar, erzählt mit persönlicher Färbung und vermeidet den belehrenden Ton.

Gerade im Pantheon, einem Ort mit eigener politisch-kultureller Tradition, entfaltet das Programm seine besondere Wirkung. Das Publikum folgt aufmerksam, lacht über Beckers feine Ironie und erkennt sich in vielen der geschilderten Momente wieder. Besonders stark sind jene Passagen, in denen Becker deutlich macht, wie sehr Musik und Politik miteinander verwoben sind – nicht nur in den großen historischen Momenten, sondern auch im Alltäglichen. Nebenbei animiert er die Bonner auch zum Mistingen und auch das klappt hervorragend im Pantheon.
„Deine Disco“ ist damit mehr als ein nostalgischer Rückblick. Der Abend wirkt hochaktuell, gerade in einer Zeit, in der politische Kommunikation zunehmend verkürzt und emotionalisiert wird. Becker erinnert daran, dass Songs oft komplexer, ehrlicher und nachhaltiger wirken können als Parolen. Sein Auftritt im Pantheon Bonn hinterlässt den Eindruck eines klugen, warmherzigen und zugleich wachsamen Chronisten, der zeigt, dass Geschichte nicht nur in Büchern steht – sondern auch in Plattensammlungen, Radiomomenten und gemeinsamen Hörerfahrungen.
Nicht umsonst antwortete Joseph Beuys auf die Frage, ob man mit Kunst die Welt verändern könne: „Nur mit Kunst!“

Text: Dennis Kresse
Credits: Harald Kirsch (Pantheon)