Tan Caglar – 24.09.2023 – Köln, Gloria Theater

Wenn man den Blick durchs Gloria schweifen lässt, ist es gut möglich, dass für das bestuhlte Gloria an diesem Abend ein Rekord aufgestellt wird. Ich zähle zehn (!) Rollstuhlfahrer, die sich das Programm von Tan Caglar anschauen möchten. Tan Caglar – selbst Rollstuhlfahrer – beehrt das Gloria, um sein Programm „Geht nicht, gibt’s nicht!“ aufzuführen. Und hier tut sich direkt eine Besonderheit auf. Es ist eben eher nicht das klassische Programm von Nummern, welche sich aneinanderreihen und diverse Pointen enthalten. Es ist mehr ein Talk zwischen ihm und dem gut gefüllten Gloria. Neben den üblichen Fragen, wer z.B. wie weit fahren musste oder wer ihn schon kennt, geht es dem Abend über durchaus auch über andere Themen. Selbstverständlich bezieht er sich auch immer mal wieder auf die äußerst erfolgreiche Serie „In aller Freundschaft“ und verrät, dass er auch für den Bergdoktor im Gespräch war.

Das Thema Inklusion schneidet er auch an. Dass er zum Beispiel nur in Kneipen gehen kann, wo er auch auf Toilette kommt. Es ist schon fast Ironie, dass die Spielstätte nicht über eine barrierefreie Toilette verfügt. Alles in allem lebt der Abend von witzigen und selbstverständlich überspitzten Anekdoten über Behinderung, Rollstuhlsport, Sex, Ausländer sein und vieles mehr. Immer schwingt Demut und Dankbarkeit mit durch, er dankt auch seinen Eltern, die immer offen waren und ihn haben machen und gewähren lassen. Den Rahmen gestaltet Caglar stets angenehm und respektvoll und er wirkt
ernsthaft an Meinungen Anderer interessiert. Für Leute im Publikum, die keinen Migrationshintergrund haben und nicht im Rollstuhl sitzen, wird auf humorvolle Art aufgezeigt,woran es haken kann. Für Betroffene – so wie der Autor selbst – ist vieles bekannt und es fehl hier und da etwas an Tiefe. Aber auch an Schärfe. Etwas mehr Sarkasmus, etwas mehr Mut wäre hier und da wünschenswert. Aber es ist erst Caglars zweites Programm. In den kommenden Jahren kann er durchaus bissiger werden.

Und noch etwas Angenehmes hatte der Abend: Politik und politische Themen blieben stets außen vor.

Text: Jan Rombout

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