Soundchecker.koeln: Interview mit Kraus!

Lyrisch, bunt und unverschämt: KRAUS, Indieband, queeres Klangkollektiv, sprachverliebte Lärmentwickler-Menschen, spannen live den großen emotionalen Bogen bedingungsloser Hingabe. Es wird intensiv und tanzbar, intim und zärtlich. Die Punk-Poet*innen um Micha Krause beschäftigen sich mit Neuen Narrativen und Songs abseits von Stereotypen, mit Randale und Liebe, Sex und Revolution.

Wir haben Kraus ein paar Fragen gestellt-

1. Könnt ihr uns erzählen, wie ihr es schafft, in euren Auftritten oder Aktionen erfolgreich Bernd Höcke zu unterbrechen?

Wir waren zufällig mit einem Projekt im Theater Nordhausen, dem Wahlkreis von Höcke, als er die Abschlusskundgebung für den Landtagswahlkampf direkt davor auf einem sogenannten „AfD-Familienfest“ abhielt. Unterstützt vom Theaterequipment haben wir uns auf den Balkon des Theaters gestellt und unseren Song „Eure Kinder werden so wie wir“ gesungen. Überraschenderweise war unsere Anlage lauter als seine, was dazu führte, dass er für etwa 10 Minuten seine Rede unterbrechen musste. Es gibt sogar Videos, die seine Irritation zeigen – das war ein unerwarteter, aber kraftvoller Moment.

2. Was genau ist das SUPERZART Festival? Welche Ziele verfolgt ihr mit diesem Event und was macht es besonders?

Das SUPERZART* ist das erste intersektionale, queerfeministische Festival für sexuelle Utopien. Wir haben das Konzept während des Songwritings für unser zweites Album entwickelt und es dem Hamburger Schauspielhaus angeboten. 2025 fand bereits die zweite Ausgabe statt. Das Besondere daran ist, dass wir versuchen, den Diskurs auf die Mehrheitsgesellschaft zu übertragen. Neben spannenden Konzerten gibt es Talks, Performances, Workshops und Stand-Up mit Künstlerinnen und Aktivistinnen, die sich mit diesen Themen beschäftigen. In Hamburg ist das Festival mittlerweile ein Treffpunkt geworden und ein echtes Spiegelbild aktueller gesellschaftlicher Debatten.

3. Der Begriff „Terror durch Freundlichkeit“ klingt sehr spannend. Was bedeutet das für euch im Kontext eurer Musik und eurer Botschaft?

Das bedeutet für uns, dass Widerstand nur in Verbundenheit mit anderen möglich ist. Es reicht nicht, nur dagegen zu sein – wir setzen auf Solidarität und Zusammenhalt.

4. Eure Musik wird oft als Indie-Punk beschrieben. Wie würdet ihr euren Sound und eure Botschaft in wenigen Worten zusammenfassen?

Wir kommen aus dem Indie, vielleicht sogar aus der Liedermacherei. Unsere Texte sind sehr wichtig, es lohnt sich, mehrfach hineinzuhören. Gleichzeitig machen wir gerne Lärm, experimentieren mit Elektro-Elementen, Neuer Musik, Trash und allem, was spannend ist. Das ergibt eine punkige Attitüde.

5. Ihr setzt euch für queere Sichtbarkeit und Diversität ein. Wie beeinflusst das eure künstlerische Arbeit und eure Texte?

Wir versuchen, Songtexte abseits von Stereotypen zu schreiben. Das betrifft auch Liebeslieder, bei denen wir das hinterfragen – gerade weil viel eigene Sozialisierung darin steckt. Wir schreiben genderneutral und schaffen auf Konzerten eine bewusste Atmosphäre, die Vielfalt sichtbar macht und unterstützt.

6. Wie geht ihr bei der Produktion von Videos vor, die Nacktheit und Sexualität zeigen, ohne dabei Sexualisierung oder den Male Gaze zu reproduzieren?

Ein Beispiel ist unser Video zum Song „Liebe ist zu radikal für Telegram“. Es geht um Hate Speech, und wir wollten Zärtlichkeit und Nähe zeigen. Wir haben mit der Schauspielerin und Regisseurin Lara Wichels zusammengearbeitet, die im Vorstand von Pinkstinks ist, sowie mit Darsteller*innen aus dem Berliner Vulvaa-Kollektiv. Wichtig ist uns, alles im eigenen Hinterfragen zu tun: Warum zeigen wir diese Nacktszene? Ist sie notwendig? Fühlt sich die Person wohl? Wir wollen keinen Voyeurismus, sondern eine bewusste Darstellung. Außerdem haben wir alle Nippel verpixelt, egal welchen Geschlechts. Dann ist es zwar immer noch dämlich, aber nicht mehr sexistisch.

Gibt es bestimmte Themen oder Botschaften, die euch besonders am Herzen liegen und die ihr durch eure Musik und Aktionen vermitteln wollt?

Ja. Widerständigkeit, Gemeinschaft, Das private ist politisch. Alles nicht total neu, aber im Jahr 2025 wieder dringend notwendig!

Vielen Dank für dieses wichtige Gespräch.

Fragen: Dennis Kresse

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