Soundchecker.Koeln im Gespräch mit Steve Rothery (Marillion, Bioscope) !

Wenn zwei Größen aus der Welt des Progressive und elektronischer Musik aufeinandertreffen, entsteht mehr als nur ein musikalisches Nebenprojekt – es entsteht ein cineastisches Klangerlebnis. Steve Rothery (Gitarrist von Marillion) und Thorsten Quaeschning (Tangerine Dream) haben mit Bioscope ein instrumentales Album geschaffen, das irgendwo zwischen analogem Synthese-Traum, Gitarren-Melancholie und atmosphärischer Tiefe schwebt.

Wir haben mit Steve Rothery über die Entstehung, die Zusammenarbeit mit Thorsten und die Idee hinter Bioscope gesprochen – und was Fans von Marillion, Tangerine Dream (und Soundtracks ohne Film) erwarten dürfen.

1. Wie ist die Idee zu Bioscope entstanden – und wie begann eure Zusammenarbeit?

Die Idee kam uns bei einem Kaffee in Berlin, als Marillion dort im Dezember 2018 spielte. Im Februar 2019 bin ich dann für ein paar Tage nach Berlin geflogen, und wir haben erste Ideen in Thorstens altem Studio gejammt. Danach ging es langsam, aber stetig weiter. Ich bin mehrmals nach Berlin geflogen, und wir haben die Tracks in mehreren fünftägigen Sessions weiterentwickelt.

2. Was hat euch zum Sound und Konzept von Bioscope inspiriert? Gibt es konkrete Themen oder Geschichten dahinter
?

Neben Musik liebe ich Fotografie und Kino – und die Idee war, jeden Track wie einen Soundtrack für einen imaginären Film zu behandeln. Sobald wir den Titeln einen Namen gegeben hatten, war es viel leichter, eine Richtung für jeden Track zu finden.

3. Inwiefern unterscheidet sich Bioscope von deiner Arbeit mit Marillion und Tangerine Dream?

Es war eine völlig andere Erfahrung. Bei Bioscope ging es um ein musikalisches Gespräch zwischen uns beiden – alles entwickelte sich langsam aus unseren gemeinsamen Improvisationen. Nach meinen Live-Shows mit Tangerine Dream hatte ich ein besseres Verständnis für dieses Genre und konnte das mit einbringen.

4. Wie lief der kreative Prozess beim Schreiben und Aufnehmen des Albums ab?

Alles entstand gemeinsam im Studio. Wir haben live Themen und Melodien gejammt. Später haben wir beide noch einzelne Elemente hinzugefügt, aber rund 90 % des Materials entstand, während wir zusammen im Raum waren.

5. Gab es bestimmte Instrumente oder Technologien, die den Sound von Bioscope besonders geprägt haben?

Thorsten ist ein Meister der analogen Welt – Step-Sequencer, modulare Systeme, Synthesizer. Gleichzeitig kamen auch viele virtuelle Instrumente zum Einsatz. Er arbeitete in Cubase, ich in Pro Tools – eine interessante Kombination.

6. Welche Emotionen oder Erlebnisse sollen die Hörer:innen mitnehmen?

Ich finde, die beste instrumentale Musik nimmt einen mit auf eine Reise. Ich hoffe, dass die Leute das Album als inspirierend empfinden – wie einen musikalischen Kurzurlaub.

7. Gibt es geplante Live-Auftritte oder eine Tour zum Projekt?

Ja! Im Dezember 2025 spielen wir fünf Bioscope-Konzerte:

10.12.2025 – De Boerderij, Zoetermeer (NL)
11.12.2025 – Metropool, Hengelo (NL)
13.12.2025 – Turbinenhalle 2, Oberhausen (DE)
14.12.2025 – ASTRA Kulturhaus, Berlin (DE)
16.12.2025 – Progresja, Warschau (PL)

8. Wo seht ihr Bioscope in der aktuellen Prog- und Elektronik-Landschaft?

Ich denke, Fans von Progressive Rock und elektronischer Musik werden mit Bioscope viel anfangen können. Es ist sicher nicht für jeden, aber die bisherigen Reaktionen waren durchweg positiv.

9. Gab es besondere Momente oder Herausforderungen bei der Entstehung des Albums?

Ehrlich gesagt: Es war das entspannteste Album, das ich je gemacht habe. Kein Stress, keine Egos – einfach die Freude am gemeinsamen Musikmachen. Berlin war und ist für mich ein besonderer Ort. Schon Misplaced Childhood haben wir 1985 dort aufgenommen.

10. Welche Botschaft oder welches Gefühl möchtet ihr dem Publikum mitgeben?

Ich wünsche mir, dass es ein Fluchtpunkt ist – ein cineastisches Erlebnis für die Ohren.

11. Gibt es Gastmusiker oder weitere Kollaborationen auf dem Album?

Ja, Alex Reeves, der Drummer von Elbow, spielt auf dem Album – und wird auch live mit uns auf der Bühne stehen.

12. Wie sieht die Zukunft von Bioscope aus? Sind weitere Projekte geplant?

Wir starten 2026 mit dem nächsten Studioalbum. Vielleicht ergibt sich irgendwann sogar ein richtiger Filmsoundtrack. Und: Wir wollen definitiv mehr Live-Shows in Europa spielen.

13. Was können Fans von Marillion und Tangerine Dream stilistisch erwarten?

Man wird meinen Gitarrenstil klar wiedererkennen – genauso wie Thorstens charakteristischen Umgang mit Sequenzen und atmosphärischen Klangräumen. Eine Symbiose beider Welten.

14. Hat euch die Zusammenarbeit auch persönlich musikalisch verändert?

Definitiv. Ich habe mein klangliches Repertoire deutlich erweitert und in viele neue Effektpedale investiert, um ungewöhnliche Sounds zu kreieren.

15. Gibt es etwas, worauf sich die Fans noch freuen dürfen?

Ja! Zu jedem Track gibt es ein passendes Musikvideo. Drei davon – Gento, Kaleidescope und Vanishing Point – sind bereits auf YouTube zu sehen. Unbedingt anschauen!

Vielen Dank für das Gespräch!

Text: Dennis Kresse

Erzählt von uns: Facebooktwitterby feather