Sir Simon – Repeat Until Funny / Burkini Beach – Best Western

Was für eine Bromance! Die beiden Musiker, Songwriter und Produzenten Simon Frontzek (aka Sir Simon) und Rudi Maier (Burkini Beach) fanden sich zusammen während gemeinsam das letzte Thees Uhlmann Album „Junkies und Scientologen“ co-produzierten und mitschrieben. Da beide auch Mitglieder in Uhlmanns Liveband sind, gab es genug Gelegenheiten aufeinander rumzuhängen und zu entdecken, dass vom Humor bis zum kreativen Arbeiten eine Menge gemeinsamkeiten vorhanden waren. So viele, dass beiden beschlossen gegenseitig ihre Soloalben zu produzieren. Das Ergebnis sind zwei wundervolle, behutsame Indie-Rock-Platten die Hand in Hand in den Sonnenuntergang schlendern und dabei so gar nicht deutsch klingen. Vielmehr fühlt man sich an Kolleg*innen aus den USA oder Kanada erinnert.

Burkini Beach„Best Western“

Dass wir es hier nicht mit weinerlicher Singer-Songwriter-Musik zu tun haben, demonstriert schon das Titelbild. Hatte der Strauß auf dem Vorgänger „Supersadness Intl.“ 2017 noch den Kopf im Küchenboden (sic) versenkt,ragt sein Antlitz auf „Best Western“ selbst- und siegessicher gleich zigfach über die Hochhäuser einer japani-schen Großstadtkulisse. Das hat herzlich wenig mit der kauzigen Selbstisolation eines sich in einer Waldhüttevon Fellfreunden ernährenden Justin Vernon (no disrespect!) zu tun. Da will jemand gesehen werden. Und vorallem: gehört. So wie sich das für Musik eben gehört. Was hören wir also auf „Best Western“? Zunächst mal: Größe. Vielleicht sogar Größenwahn, anyone? Ja, bitte! Bläser- Grandezza, Flöten-Exotik undeine Pedal-Steel-Gitarre, die einen die Weiten Amerikas schmerzlich vermissen lässt. Stichwort USA: Das Ganzeklingt wie eine fette Produktion aus einem Monsterstudio in L.A. und nicht nach etwas, das ein Provinz-Ei ausdem niederbayerischen „Hinterlandia“ (so der Titel des Zweitwerks von Maiers gefeiertem Indie-Rock-Duo mitFranz Neugebauer, The Dope, 2013) in einem Kreuzberger Hinterhofstudio zusammenbastelt. Mit dem Titel-song empfiehlt Maier sich als Songwriter für Lana del Rey, „Crying At The Soundcheck“ atmet den großen GeistFleetwood Macs. Mit „The Load-Out“ findet sich passend ein Cover von Jackson Browne, dem spirituellen Plattenpaten, aus dem Jahr 1977.

Den letztgenannten Oldies stehen aktuelle Einflüsse von Phoebe Bridgers bis Andy Shauf, Samples und Drum-Loops, sowie Texte gegenüber, die nicht tiefer aus dem Hier und Jetzt gegriffen sein könnten: Da geht’s etwaum „a pixelated .jpeg file on a scratched up iPhone 3“ oder über unser Leben als „deep fake. There are glitchesin the sky. It kinda looks like its own remake with a slightly worse design“. Aber natürlich ist auch hier ein Platzfür das ewigste aller Themen, nur eben mit neuen Worten: „I’d type and delete words then keep refreshing mye-mail, afraid my reply was weird“ oder „I’ve got all the texts you sent me backed up on a hard drive.“ Hach, re-latable Love und Herzscheiße 2021. Damit ist Rudi Maier nicht allein. Ist er aber sowieso nicht. Für sein Albumhat er sich einige Stargäste gezockt: Sven Regener etwa, Sebastian Madsen und Thees Uhlmann, zu dessenKernband Maier längst gehört und dessen aktuelle Platte „Junkies & Scientologen“ (Platz 2 in Deutschland) erauch co-produziert und -geschrieben hat. Zusammen mit Simon Frontzek. Der saß auch bei „Best Western“ mitMaier an den Reglern, ebenso wie Maier an Frontzeks neuem, gleichzeitig veröffentlichten „Repeat Until Fun-ny“. Beide Alben enden sogar, als abschließendes Zeichen der Verbrüderung, mit demselben Song, „Not Co-ming Home“. In dem heißt es: „All these whiny folk songs didn’t ever make you cry“. So schließt sich der Kreiswie die LP oder CD als die dieses Album neben seiner nicht greifbaren Varianten erscheint. Und wer weiß, viel-leicht ist Maier damit die „big masterpiece record, a solid 7.5 on Pitchfork“ gelungen, wie er in „Sad Songs“singt. Wer das weiß? Ich.

Sir Simon – Repeat until funny!

Comedy is tragedy plus time.“ Ob es deshalb so lange gedauert hat mit Sir Simons neuem Album übers Stol-pern und Scheitern, übers Wieder-Aufstehen und Über-sichselbst-Lachen, das passenderweise auch noch „Re-peat Until Funny“ heißt? Nach der zehnjährigen Pause seit „Goodnight, Dear Mind“ tut es jetzt jedenfalls gut, dieses Album zu hören, aufdem es für den Protagonisten auch mal nicht so rund läuft. Weil die Eckdaten der Existenz nicht umsonst soheißen und eben Ecken und Kanten haben. Und wenn dann als Nebeneffekt Indiepop wieder auf die Karte ge-packt wird und dazu einen knallbunten Anstrich verpasst bekommt, der diese Schönheit der vertanen Chanceoffenlegt, dann… Ja dann ist es höchste Zeit, diese Geschichte von Anfang an zu erzählen. Und was soll über-haupt die Tomte Anspielung? Also: „Sir“ Simon Frontzek war mal Keyboarder bei Tomte. Nach dem Ende der deutschsprachigen Indierock-In-stitution produzierte er unzählige Alben kleiner und großer Indie-Künstler*innen, zuletzt auch wieder eins vonThees Uhlmann („Junkies & Scientolgen“, Platz 2 in Deutschland) — und zwar zusammen mit Rudi Maier akaBurkini Beach. Schnell hatte man aneinander einen Narren gefressen, ein paar Clowns gefrühstückt und die Zu-sammenarbeit erweitert. Auf dem Gipfel der Zweisamkeit umarmen die beiden einander nun im Rampenlichtund produzieren gegenseitig ihre neuen Soloalben: Maier produziert Frontzeks „Repeat Until Funny“ und Front-zek schiebt Regler und drückt Knöpfe für Maiers „Best Western“. Die erste Frucht dieser Bromance, „A Little Less Bored“, die Leadsingle aus „Repeat Until Funny“, könnte dieRotations der Alternative-Radios nicht heavier aufgemischt haben. Indie-Rave, der den verpissten Frühling vertrieben und zum Sommersoundtrack der Hot Hot Heat wurde. So muss es sich angefühlt haben, als Willy BrandtSchwarz-Weiß- in Farbfernsehen verwandelt hat. Ein perfekter Teaser, der die Stimmung des Albums auf denPunkt bringt: HappySad. Verwaschene Lust For Life. Ganz undeutsch die Beherrschung verlieren und alles raus-sprudeln lassen, was sich da in zehn Jahren alles so angestaut hat. Das klingt nach US-amerikanischen Lieblin-gen wie Lucy Dacus, The Postal Service oder Maria Taylor, die im liebevoll-versöhnlichen „Say No“ sogar alsFeature-Gast auftaucht. Neben Sven Regener, Thees Uhlmann und Rudi Maier natürlich, mit dem Frontzek dasabschließende „Not Coming Home“ im Duett singt — genauso (ihr ahnt es) wie auf dem gleichzeitig erscheinen-den Burkini Beach Album. So sammeln sich hier Songs über den absurden Alltag und Geschichten, die niemand so schreiben kann wie dasLeben selbst. Man muss nur gut hinhören. Das macht Sir Simon für uns. Wir hören dafür ihm zu. „And the pla-net keeps on spinning while we sleep away the years / One last careful look at the mirror / These broken bonesand fractured hearts, these empty cans of beer / Are just side effects of a bigger idea“. Da geht jemand sehraufmerksam durch die Welt. Guten Tag, dear mindfulness!

Text: Pressemitteilung

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