„Seit der EP könnte ich auch Fallschirmspringen“

Die Musikerin Angel A über MILFs, Reiswaffeln und Italo-Pop

Mit ihrer neuen EP Ich glaub’ die MILF wird schlecht sorgt die Musikerin für humorvolle Selbstironie, poppige Tiefgründigkeit – und Gesprächsstoff. Wir haben mit ihr gesprochen über den Schaffensprozess, überraschende Inspirationen und warum Musik manchmal fast so gut ist wie Sex.

1. Wie würdest Du den Schaffensprozess der neuen EP charakterisieren?

Ich glaube, diese EP – diese Lieder – wollten schon längst raus. Aber wie das mit Themen so ist, die verarbeitet werden wollen: Die haben Delay. Man muss die Dinge ja erst mal verstehen, nicht nur fühlen, um sie in Wort und Melodie zu packen. Ich habe mir selbst zusätzlich zu diesem Delay noch eine Weile nicht eingestanden, dass ich eine MILF bin – mit allen Konsequenzen und Herrlichkeiten. Ich wollte mir mit der EP selbst Mut machen. Es ist ja ein Mini-Konzeptalbum. Und das hat funktioniert: Seit die EP draußen ist, könnte ich auch Fallschirmspringen. Die Offenheit hat mich mutig gemacht.

2. Der Titel: Ich glaub’ die MILF wird schlecht – was steckt hinter dem Namen?

Ich liebe Wortspiele. In meinem Freundeskreis spielen wir ständig mit sowas rum. Irgendwann hatte ich mal einen MILES gebucht – diese Carsharing-Autos – und gemerkt, dass in Berlin oft der letzte Strich vom „E“ abgekratzt wird. Da stand dann plötzlich „MILS“. Und bumm – war die Videoidee da. Tatsächlich kam die Idee zum Lied zuerst als Bild. Das hatte ich noch nie.

3. Welche Erwartungen hattest Du an die EP?

Ich wusste nicht, was die Hörer:innen erwarten, aber ich hatte gehofft, dass mir Frauen ab Mitte 35 das Postfach vollspammen. (lacht) Im Ernst: Ich habe wirklich tolles Feedback bekommen – vor allem von gestandenen Frauen. Das war sehr bestärkend.

4. Wie entsteht ein typischer Song von Dir – von der ersten Idee bis zum fertigen Stück?

Ganz unterschiedlich – zum Glück! Ich bin Mama und jongliere mehrere Jobs, also muss ich ständig kreative Lücken finden. Die Musik ist der schönste Lückenfüller meines Lebens. Manche Songs – wie „50 Shades of Grace“ – kommen einfach im Schlaf. Da ist plötzlich die Melodie da, ich singe sie ein und zack. Andere, wie „MILF“ oder „Weißes Kleid“, entstehen ganz bewusst im Studio. Da sitzen wir zusammen, arbeiten, und am Ende des Tages ist der Song fertig. Magisch! Man weiß manchmal gar nicht, was zuerst da war: Akkorde, Idee oder Textzeile. Das ist der beste Zustand – ein Rausch.

5. Warum sollte man Dich unbedingt live erleben?

Weil ich Fragen stelle ans Publikum, weil ich mit ihnen spiele. Und weil ich meistens eine großartige Band dabei habe. Meine Songs gehen ins Ohr und ins Herz – und ich performe sie auch so. Ich will mich selbst ja nicht langweilen. Ich singe die Lieder, als hätte ich sie noch nie vorher gesungen. Und am Ende tanze ich immer mit ins Publikum. Das ist mein Lieblingsmoment.

6. Drei Dinge, die auf Tour niemals fehlen dürfen?

Gelo Revoice – unverzichtbar. Und immer eine Reiswaffel im Gepäck. Man weiß ja nie!

7. Welches Lied hättest Du gerne selbst geschrieben – und warum?

Ach, viele. Ich liebe Bilderbuch und Mine – ich verehre die beide. Vielleicht auch, weil sie so anders sind als ich. Ihre Songs sind so eigen und voll mit DNA. Das berührt mich.

8. Mit wem würdest Du gerne mal einen Song aufnehmen?

Wenn ich mir das wünschen dürfte: Gwen Stefani. Sie ist immer noch da – und einfach iconic. Ich liebe sie.

9. Wo siehst Du Dich und Deine Musik in 10 Jahren?

Ich würde gern eine Italo-Pop-Platte auf Deutsch machen. So richtig mit Gefühl und Sonnenbrille. Vielleicht spiele ich dann am Gardasee. Was aber sicher bleibt: Ich werde immer politisch sein – was die Rolle der Frau betrifft. Ob in Musik, Büchern oder Podcasts.

10. Vervollständige bitte den Satz: Musik ist für mich die Welt, weil …

…nichts meine Atome mehr in Schwingung versetzt. Außer vielleicht guter Sex. (lacht)

Vielen Dank für das Gespräch

Text: Dennis Kresse

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