Rolf Trostel – Inselmusik und Der Prophet
Rolf Trostel ist ein Vertreter der sogenannten Berliner Schule (Tangerine Dream, Klaus Schulze). Auf seinem ersten Album „Inselmusik“ (1981) erforscht er die klanglichen Möglichkeiten des damals neuartigen PPG-Wavetable-Synthesizers. Die Musik basiert auf Live-Performances, die Trostel Ende der 70er mit dem Krautrockgitarristen Günter Schickert aufgeführt hatte.
Formal gesprochen, ist „Inselmusik“ eine Demonstration des Synthesizers PPG Wave Computer 360 A. Einen Prototypen hatte Rolf Trostel als kurzzeitiger Vertriebsmitarbeiter des Herstellers schon häufiger öffentlich vorgeführt. Inhaltlich gesprochen, ist „Inselmusik“ minimalistische, meditative und besinnliche Musik voll von wundersamen Chor-Klängen, Flöten- und Effekt-Sounds. Sich überlagernde Sequenzer-Linien und dominante Flächen mit Wohlfühlharmonien werden durch beruhigende und besänftigende Beats getragen. Trostel beschrieb seine Musik damals als Klangfarbenkompositionen.
Heute ist die Wavetable genannte Syntheseform allgegenwärtig und – deutlich weiterentwickelt – in vielen Soundkarten und Digitalsynthesizern anzutreffen. In dem PPG Wave Computer 360 A war die Syntheseform noch sehr puristisch, was sich in einem klirrenden, teilweise harschen bis brüchigen Klang äußerte. Das sehr eigene Klangbild, gerade auch in Kombination mit der selbst für heutige Verhältnisse wuchtigen Kick der charmanten Drum-Machine CR-78 CompuRhythm von Roland, war damals mit Sicherheit deutlich überraschender als heute. Unsere Ohren haben sich längst an die mit der Wavetable-Technologie erzeugten digitalen Klänge und Klangverläufe gewöhnt.
Doch gerade die filterlose, puristische Umsetzung betont die klanglichen Eigenarten. „Inselmusik“ erlaubt es uns deshalb noch einmal zu ahnen, wie überraschend die teilweise harschen Sounds damals geklungen haben müssen. Trostels erste Veröffentlichungen sind insofern ein wichtiges Zeitdokument und als Rarität zu werten, da sie zu den wenigen Alben zählen, bei denen der Wegbereiter der Wavetable-Synthese eine klanglich so zentrale Rolle einnahm; „Inselmusik“ hat Rolf Trostel sogar ausschließlich mit diesem Synthesizer, dem zugehörigen Sequenzer und dem CR-78-Drumcomputer im eigenen Heimstudio eingespielt. Die Erstauflage von 1000 LPs war schnell verkauft, was Trostel ermutigte weiterzumachen.
Elektronik-Pop lautete die musikalische Zielsetzung des Berliner-Schule-Musikers Rolf Trostel für sein drittes Album, welches noch im selben Jahr wie der Vorgänger „Two Faces“ erschien. „Der Prophet“ ist der krönende Abschluss dieser eng an den PPG-Wave-Computer gekoppelten musikalischen Schaffensphase Trostels.
Die klanglichen Eigenheiten und klirrenden Klänge der Wavetable-Synthese werden wie schon bei den vorangegangenen Veröffentlichungen betont. Sie wirken inzwischen jedoch natürlich verzahnt mit Rhythmus-Computer, dem Solo-Synthesizer Minimoog und dem analogen String-Synth. Zusätzlich schichtet Trostel die Sounds durch unterschiedliche Hallanteile im Raum, was dem Klangbild die für Elektronik-Pop nötige Tiefe verleiht und trockene Effekt-Sounds ganz besonders hervorhebt. Im Vergleich zu den Vorgängeralben sorgen auch einfachere Sequenzerlinien mit weniger Überlagerungen für ein luftigeres Klangbild.
Der Grund dafür war die Tatsache, dass Trostel seinen PPG 350 Computer Sequencer und den Drumcomputer Roland CR-78 durch den Bass-Synth und Step-Sequenzer Roland TB-303 sowie den Drumcomputer TR-808 ersetzt hatte. Diese damals brandneuen Geräte bildeten ein Dreamteam für Elektronik-Pop und sind heute unter Musikern begehrte und gesuchte Kultobjekte.
„Bei dieser Produktion steht das rhythmische Element, speziell die variable Programmierung des Computerschlagzeugs im Vordergrund. Der Prophet war meine kommerziellste Produktion“, erläutert Trostel. Das Album profitierte auch von den durchsetzungsstarken Sounds der TB-303/TR-808- Kombination und deren synchronisierbaren Sequenzern. Bereits 1981 galt der von Trostel eingesetzte PPG Wave Computer 360 A nicht mehr als Speerspitze zur Erforschung neuer Klangwelten. Er war von moderneren Entwicklungen abgelöst worden. Wolfgang Palm, Entwickler dieses Synthesizers und Erfinder der Wavetable-Synthese, stellte den PPG Wave 2 mit integrierten Analogfiltern vor, der sich schnell zu einem Verkaufsschlager entwickelte und bis 1984 zum PPG Wave 2.3 weiterentwickelt wurde. Er durfte in keinem Profi-Keyboarder-Setup der 80er-Jahre fehlen. Parallel gewannen auch die Themen Sampling, Phasen- und Frequenzmodulation für Sound-Tüftler zunehmend an Bedeutung.
Rückblickend gewinnt man den Eindruck, als sei Trostels enorm produktive Schaffensphase, während der er innerhalb von zwei Jahren drei Alben veröffentlichte, durch den PPG 360 A Wave Computer und den PPG 350 Computer Sequencer ausgelöst worden und mit deren Überholtsein auch abgeschlossen gewesen. In diesen Instrumenten kanalisierte und entlud sich gewissermaßen Trostels klassische Klavierausbildung.
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