Malva mit Kandierter Kummer

Über „Kandierter Kummer“: „Der sollte und könnte eigentlich auch Sven Regener gefallen“, meinte ein mit Malva befreundeter Kritiker. Dazu Malva: „Der Song war anfangs nur ein Gedicht in meinem Tagebuch, in dem ich probiert habe, das Gefühl der Traurigkeit – das schon fast bittersüß schmeckt, weil es so vertraut und anschmiegsam ist – in Worte zu fassen und in einen neuen Kontext zu setzen. Eben wie als würde einem der Kummer fein säuberlich verpackt überreicht werden und dann kann man ihn sich auf der Zunge zergehen lassen, wie eine Praline oder ein Bonbon. Er entstand im Januar 2021, damals, das weiß ich noch genau, auf meinem Bett, als ich den Text in meinem Tagebuch wiederfand. Das Besondere an diesem Stück ist, dass es der erste Versuch war, auch mal auf Deutsch zu singen und die Gedichte und Gedanken, die eigentlich nur für mein Notizbuch gedacht waren, in meine Musik mit einzubeziehen.“

Es war im Oktober 2018, als sich zwei damals 16-Jährige bei einem ausverkauften Jesper-Munk-Konzert in München zum ersten Mal trafen. Ihre Namen: Malva (Scherer) und Quirin (Ebnet). Die beiden Teenager hatten vorher ein bisschen auf Insta gechattet, über Musik und dies und das. Schließlich verabredeten sie sich, da beide für den Münchner Ausnahmekünstler Munk schwärmten und dies nach wie vor tun. Auch der Termin ist den beiden noch so präsent, weil das Plakat zum Konzert jahrelang in Quirins Zimmer hing. An diesem Abend floss reichlich Alkohol und die beiden beschlossen, von nun an gemeinsam Musik zu machen. Gesagt, getan: Knapp zwei Jahre später begannen sie mit den Aufnahmen. Bedroom-Songs und Cover-Versionen, zumeist auf Englisch, zumeist sehr traurig, nie aber pubertär wütend, immer schon reflektierend und sinnierend, mitunter zweifelnd. Songs, die Malva mit 15, 16, dann 17 Jahren geschrieben hatte. Jetzt, 2022, wo die beiden dem Teenageralter entwachsen sind und sich als Twens fühlen dürfen, sind ihre Aufnahmen fertig. Es kamen während ihrer Recordings noch ein paar Lieder hinzu, auch auf Deutsch. Denn in Malva keimte der unbedingte Wille, sich ebenso in ihrer Muttersprache poetisch auszudrücken. Kein Wunder, liebt sie doch die oft recht unbekannten Dichterinnen der Bohème, allen voran Mascha Kaléko, aber auch die Beatpoetry der 60ties.

Womit wir auch schon bei Malvas größter Inspiration wären: Patti Smith. Gar nicht so sehr wegen ihrer Musik, eher eben als Poetin, als Lyrikerin, als universelle Künstlerin und als Frau an sich. Patti ist ihr von allen die innigste Vertraute, schließlich beginnt Malva ihre Tagebucheinträge meist mit „Liebe Patti …“ und schüttet dieser dann ihr Herz aus. Malva schreibt ihr, was sie bewegt, was sie glücklich und ihr Mut macht, aber auch alles, wovor sie Angst hat, was sie deprimiert und sie traurig stimmt … Dass das nicht allzu wenig ist in Zeiten wie diesen, kein Wunder: Abitur während Corona, keine Freund:innen treffen, nicht tanzen gehen dürfen, Lockdowns, Isolation … Und jetzt sind wir noch gar nicht bei den ganz großen Themen wie Krieg, Armut, Ausbeutung der sozial Schwachen, dem Flüchtlingselend, der Klimakatastrophe und der – für die vegan lebende Malva – schier unerträglichen Massentierhaltung …

Zusammen mit Quirin, der sich – abgesehen von einem Praktikum in Johann Scheerers etabliertem Clouds Hill-Studio – mit Fug und Recht als autodidaktischer Multi-Instrumentalist, Produzent und Toningenieur bezeichnen darf, haben sich die beiden die letzten Monate verstärkt ihrer Kreativität gewidmet; haben es sich im Proberaum – wahlweise auch in einem Tonstudio der Münchner Kammerspiele, wo Quirin als Toningenieur jobbt – gemütlich gemacht und Malvas Songs so analog wie möglich `auf Band´ gebracht.

Schon nach den ersten Rough-Mixen wurden diverse Labels auf Malva aufmerksam, alteingesessene Indie-Vordenker wie z. B. Rembert Stiewe und Quintus Kannegiesser (BB*Island) schickten kleine, aber feine Liebesbekundungen und hörten Großes, ja geradezu Außergewöhnliches: „Sie ist enorm gut – und das nicht nur `für ihr Alter´. Dazu der offensichtlich gesamtkünstlerische Lebensentwurf. An Malva macht vieles sofort neugierig“, urteilte etwa Glitterhouse-Chef Stiewe. Und Kannegiesser präzisierte: „Gefällt mir sehr gut. Sehr schöne Stimme, wunderschöne Videos und ihre Art sich zu präsentieren.“

Jedoch der erste Weg führte Malva auf Giesings Höhen, dorthin also, wo blau-weiß gestreifte Löwen drittklassigen Fußball spielen und München noch überwiegend ursprünglich und einigermaßen ungentrifiziert ist. Genauer gesagt, luden Eva Mair-Holmes und Brendan Erler Malva im März an einem mäßig sonnigen Tag bei frühlingshaft-frischen Temperaturen in ihren Garten in der Kistlerstraße 1 und: Es war Liebe auf den ersten Blick. Denn die Liebe aufs erste Hören hatten die beiden Trikont-Betreiber:innen ihr gegenüber längst bekundet. Schnell wurde man sich unbürokratisch einig, weswegen Malvas Debüt nun bei Trikont erscheint.

Alsbald folgten auch die ersten Live-Auftritte, so etwa Support-Shows für Douglas Dare und – ausverkauft – im Vorprogramm von King Hannah. Aber es kam noch besser, denn Malva bekam drei unterschiedliche Förderungen (von Stadt, Staat und Bund), weswegen sie nun endlich damit anfangen konnte, die von Quirin aufgenommenen Songs mastern zu lassen und erste professionelle Fotos für Presse und die anstehende Album-Artwork zu machen.

So wurden nach und nach immer mehr Menschen aus Kunst und Kultur auf Malva aufmerksam und zwischenzeitlich traf sie sich mit ihrem Idol Jesper Munk, der mittlerweile seinerseits Fan von Malva geworden ist. Sie kooperierte mit Sebastian „Sepalot“ Weiss (Ex-Blumentopf), der sie bat, bei einem Song seines 2023 erscheinenden Albums als Featured-Artist zu singen. Und auch die bayerischen Indie-Vordenker Aloa Input haben schon Interesse bekundet, demnächst mit Malva zu kooperieren.

Was logischerweise folgte, waren weitere Konzert-Einladungen, so etwa zum 20-jährigen Jubiläum des für Literatur-Freunde unvergesslichen Blumenbar Verlages (dazu gleich mehr), zur Ausstellungseröffnung von „Frei leben – Frauen der Bohème 1890–1920“ (vorher schon eines von Malvas Steckenpferden) in der Monacensia, auf dem Sommerfest des Münchner Volkstheaters sowie dann Ende Juli zu den Festlichkeiten des unverwüstlichen Optimal Records Stores, der gar sein 40. Jubiläum feierte. Die Ereignisse überschlugen sich förmlich, umso erstaunlicher, dass Malva dabei immer die Ruhe behielt.

Malva lacht gerne, auch mal laut, trotz gelegentlicher Traurigkeit in ihr und um sie herum. Ein Lachen, all den weltlichen und gesellschaftlichen Absurditäten zum Trotz. Und es hilft ihr: zu musizieren, sich auszudrücken und auszutauschen. Ihre Songs, die sie überwiegend auf Englisch, aber, wie eingangs bereits erwähnt, vermehrt auch auf Deutsch schreibt, hört sie selbst irgendwo zwischen Indie, Pop und Chanson.

Text: Pressemitteilung
Credits: Elias Biehler

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