Einer der erfolgreichsten Singer Songwriter in Europa ist wohl der niederländische Künstler Dotan. Mit seiner Musik hat er nicht nur etliche Preise gewonnen, sondern ist uns auch durch verschiedene TV-Serien bekannt. Wir haben seinen Showcase in Berlin zum Anlass genommen und haben ihn ein paar Fragen gestelt.
1. Du hast in ganz Europa unglaubliche Erfolge gefeiert – mehrere Auszeichnungen, Millionen von Streams und Songs in großen TV-Serien. Wenn du zurückschaust: Welcher Moment fühlt sich für dich bis heute am surrealsten an?
Wenn ich zurückblicke, sind es vor allem die Momente surreal, in denen meine Träume plötzlich real wurden. Mein erster Arena-Auftritt brennt sich bis heute in mein Gedächtnis ein. Ich konnte kaum glauben, dass Menschen wirklich nur wegen mir kamen. Ich habe sogar gefragt, ob ich am Eingang die ersten Tickets selbst scannen darf – fast so, als müsste ich mir beweisen, dass diese Menschen wirklich da waren.
Auch meinen Song in Grey’s Anatomy zu hören, war vollkommen surreal. Ich habe so viel Musik über diese Serie entdeckt. Meine eigene Stimme in einer Szene zu hören fühlte sich an wie ein Kreis, der sich geschlossen hat. Und selbst jetzt, wenn ich um die Welt reise und Menschen meine Songs mitsingen… das wird nie normal. Es bleibt magisch.
2. Dein Debütalbum „7 Layers“ wurde fünfmal mit Platin ausgezeichnet. Warum, glaubst du, hat dieses Album so tief mit den Menschen resoniert?
Ich glaube, das Album hat Menschen berührt, weil es aus einem radikal ehrlichen Ort entstanden ist. Ich habe es in einer Phase geschrieben, in der ich innerlich gekämpft habe – und entdeckt habe, dass Songwriting ein Rettungsanker sein kann. Ich wollte niemanden imitieren. Ich wollte einfach verstehen, wer ich selbst bin.
Dass ich es in meinem Wohnzimmer aufgenommen habe, macht es noch persönlicher. Es ist wie der Soundtrack des ersten Viertels meines Lebens – mit all der Unordnung und Zärtlichkeit, die dazugehört. Die Leute spüren diese Rohheit.
3. Viele Hörer haben deine Musik über TV-Serien entdeckt. Beeinflusst visuelles Erzählen dein Songwriting?
Definitiv. Wenn ich schreibe, sehe ich zuerst Bilder – kleine Filmszenen. Bevor ich weiß, worum der Song eigentlich geht, sehe ich schon den Moment, zu dem er gehört. Ich glaube, deshalb passen meine Songs so gut zu Serien und Filmen. Jeder Song sollte sich für mich wie ein Soundtrack anfühlen – entweder zu einem echten Moment meines Lebens oder zu einem erfundenen.
4. Du spielst ein besonderes Showcase im Sony-Office in Berlin. Was dürfen Fans erwarten?
Das Showcase wird sehr reduziert sein. Nur ich, meine Stimme und die Songs. Ich komme gerade von einer Tour mit großer Produktion, großen Lichtern, großen Arrangements. Jetzt wieder zu den rohen Versionen zurückzukehren, fühlt sich erdend an.
Neue Musik meinem deutschen Publikum zu zeigen, bedeutet mir viel. Deutschland hat mir immer unglaublich viel Liebe gezeigt. Auf jeder Tour zählt mindestens eine Show in Deutschland zu meinen Lieblingskonzerten. Es liegt etwas in der Art, wie dort zugehört wird – sehr aufrichtig.
5. Wie haben große Festivalauftritte dein Songwriting beeinflusst?
Festivalauftritte haben mich gelehrt, anders über Energie nachzudenken. Früher war ich eher schüchtern auf der Bühne, aber vor riesigen Menschenmengen zu spielen, hat mir gezeigt, wie man sowohl intim als auch explosiv connecten kann. Das hat meine Art zu schreiben verändert.
Ich habe keine Angst mehr, jede Ecke eines Songs zu erkunden. Meine Alben sollen dieselbe Art von Reise transportieren, die ich auf der Bühne fühle.
6. Was macht intime Shows für dich so besonders?
Bei intimen Shows zeigt ein Song sein wahres Herz. Wenn es nur eine Gitarre oder ein Klavier und eine Stimme gibt, gibt es keinen Ort, sich zu verstecken – und genau das liebe ich. Diese Nähe ist wunderschön und ein bisschen furchteinflößend. Man sieht jeden, man fühlt alles. Es ist emotional auf eine Weise, die große Shows nicht reproduzieren können.
7. Was inspiriert dich am meisten, wenn du neue Musik schreibst?
Natur und meine eigenen Emotionen sind meine größten Inspirationsquellen. Ich ziehe mich oft zurück, wenn ich schreibe, um wirklich mit meinen Gefühlen zu sitzen. Mein Leben war ziemlich ereignisreich, und ich kann immer in diese Erinnerungen zurückgreifen.
Aber das Schöne am Songwriting ist, dass Emotionen universell sind. Meine Geschichte ist vielleicht anders als die einer anderen Person – aber die Gefühle überschneiden sich. Wenn jemand meine Songs mit seiner eigenen Geschichte verbindet, ist das das größte Kompliment.
8. Wie wichtig sind dir deine niederländischen Wurzeln?
Niederländisch zu sein, ist ein großer Teil meiner Identität. Wir wachsen damit auf, bodenständig und bescheiden zu bleiben – „normal“ zu sein. Manchmal bedeutet das auch, dass viele nicht wagen, groß zu träumen. Ich bin dankbar, dass ich gelernt habe, darüber hinauszugehen.
Aber diese Bodenhaftung trage ich überall mit mir.
9. Wie blickst du auf die heutige Musiklandschaft?
Es gibt heute so unglaublich viel Musik – das ist spannend, aber es weckt in mir auch den Wunsch nach mehr Authentizität. Ich liebe Imperfektionen: Gitarrenschnarren, eine brechende Stimme.
Überpolierte oder künstliche Musik mag ich nicht besonders. Und bei all den Diskussionen über KI ist für mich echte menschliche Emotion wichtiger denn je.
10. Was kommt als Nächstes? Wird es neue Musik oder Tourneen geben?
2026 wird es viel neue Musik geben. Ich arbeite gerade an einem Album, auch wenn ich das genaue Veröffentlichungsdatum noch nicht kenne. Und ich werde viel touren. Nach COVID habe ich meine Liebe zum Touren komplett neu entdeckt.
Wahrscheinlich starte ich mit einer kleineren Tour, um neue Songs zu testen, und arbeite mich dann wieder zu größeren Shows vor. Und ich kann es kaum erwarten, wieder nach Deutschland zu kommen. Diese Publikumserlebnisse bleiben mir.
Vielen Dank für das nette Gespräch.
Fragen: Dennis Kresse
Credits: Laurens Leroy