Die Knef!!

Ich möchte am Montag mal Sonntag habe- Ausgewählte Songtexte – Hildegard Knef

Zum 100. Geburtstag von Hildegard Knef, der am 28. Dezember 2025 gefeiert wird, erscheint am 7. Dezember ein Band, der längst überfällig war – und nun endlich vorbestellbar ist: „Ich möchte am Montag mal Sonntag haben“. Dieses Buch versammelt einhundert Texte der Knef, ausgewählt aus dem enormen Fundus ihrer Lieder, Gedichte und musikalischen Selbstentblößungen. Damit liegt erstmals eine umfassende kuratierte Sammlung ihrer Chansontexte vor, die in ihrer literarischen Qualität, Schärfe und Modernität bis heute verblüffen.

Hildegard Knef war vermutlich die letzte deutsche Künstlerin, die den Titel „Diva“ tragen konnte, ohne dass ein ironisches Augenzwinkern nötig gewesen wäre. Bei ihr war dieser Begriff kein Kostüm, keine Pose, keine aufgesetzte Überhöhung. Er bezeichnete eine Präsenz, eine Haltung, eine künstlerische Konsequenz, die sich weder anbiederte noch entschuldigte. Ihre Songs erzählen vom Leben, ohne Pathos, aber mit einem Blick, der gleichzeitig lakonisch, melancholisch und kompromisslos klar war. Knef hat über sich und ihr Land gesungen, über die Bundesrepublik der Nachkriegs- und Wirtschaftswunderjahre – ein Land, das gerade für selbstbestimmte Frauen oft eng, muffig und moralisch kleingeistig war. Dass sie diese Welt mit poetischer Klugheit, kühler Eleganz und unbestechlicher Ehrlichkeit beschrieb, macht ihre Texte bis heute so modern.

Der neue Band dokumentiert diese Modernität eindrucksvoll. Die Auswahl der 100 Texte zeigt die ganze Spannweite ihres lyrischen Tons: die weltweise Müdigkeit, den scharfen Humor, ihre Unbeugsamkeit, den leisen Schmerz und die große Kunst, aus dem Persönlichen etwas Allgemeingültiges zu formen. Knef hat nie kokettiert, nie beschönigt und nie versucht, irgendjemandem zu gefallen. Sie schrieb wie sie lebte: mit Haltung. Und auf den Punkt.

Besonders wertvoll wird das Buch durch die Stimmen, die es rahmen. Zeitgenössische Künstler:innen kommentieren, reflektieren und erzählen, was die Texte für sie bedeuten – und warum die Knef auch hundert Jahre nach ihrer Geburt noch etwas zu sagen hat. Sebastian Krumbiegel, Mieze Katz, Pe Werner, Bernd Begemann und Bernadette La Hengst bringen jeweils ihre eigene Perspektive ein; Markus Berges, Stoppok, Francesco Wilking, Kai Havaii und Tex Rubinowitz erweitern den Resonanzraum mit persönlichen Erinnerungen, Beobachtungen und klugen Gedanken.

So entsteht kein Nostalgiealbum, sondern ein lebendiges Gespräch über eine Künstlerin, die selbst im Rückblick nichts von ihrer Relevanz verloren hat. Die Liner Notes der Musiker:innen wirken wie stille Verbeugungen vor einer Frau, die vielen von ihnen den Weg geöffnet hat – sei es durch ihre Radikalität, ihre Formulierungsschärfe oder einfach durch die Tatsache, dass sie sich weigerte, kleiner zu sein, als sie war.

„Ich möchte am Montag mal Sonntag haben“ ist damit mehr als nur ein Jubiläumsband. Es ist ein starkes literarisches Werk über eine Frau, die nie aufgehört hat, gegen das Unfreie und das Engstirnige anzusingen. Ein Buch, das nicht nur Fans begeistern dürfte, sondern allen zeigt, wie viel Kraft, Humor und zeitlose Coolness in Hildegard Knefs Texten steckt.

Ein würdiger Auftakt zu ihrem 100. Geburtstag – und ein Erinnern daran, dass manche Stimmen einfach nicht altern.

Text: Dennis Kresse

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