Der alte Mann und der Blues

Seasick Steve/ The Black Box Revelation – Köln, Bürgerhaus Stollwerck, (19.10.2016)

Der alte Mann hat den Blues, aber so was von. Die Rede ist von Seasick Steve, einem Spätberufenen, der erst im Alter von über 60 seine erste Platte aufnahm, was ihn aber nicht dran hindert, bemerkenswerte Konzerte wie jenes in Köln abzuliefern, an die sich der Fan jederzeit gerne erinnern wird. Aber ehe der Rheinländer in den Genuss der Geschichten des 72-jährigen als Steve Wold geborene Ex-Hobos und späterem Produzenten von Modest Mouse und Bikini Kill kam, durfte man erst noch The Black Box Revelation aus Brüssel sehen, die mit ihren hörenswerten Songs das gute gefüllte Bürgerhaus Stollwerck beeindrucken konnte.  Sie spielen astreinen Garagen Blues Rock und die beiden klingen stellenweise wie eine Band, die aus mehr als aus einem Drummer und einem Gitarristen besteht, so voll ist der Sound des Duos, die den Geist von Led Zeppelin oder den Stooges perfekt verinnerlicht haben.

Gegen 22.00 Uhr kam mit schlurfendem Schritt in der berühmten Jeans-Latzhose und mit einer Kappe auf dem Kopf der Mann auf die Bühne, wegen dem man hier war. Seasick Steve schafft es, nur mit seiner Stimme und seiner Gitarre einen Saal in ein Tollhaus zu verwandeln. Der lange Bart und diese Stimme passen wunderbar zu den Geschichten, die der Mann erzählen kann und davon macht er auch während dieser zwei Stunden reichlich Gebrauch. Er erzählt in breitem Amerikanisch die Geschichten von seiner Kindheit, dem Stiefvater, den er am liebsten umgebracht hätte und der auch nicht schuldlos daran war, dass Steve schon so früh das Elternhaus verließ, um sich als Wanderarbeiter durchzuschlagen.

Für Lacher sorgt die Vorstellung seines Schlagzeugers Dan, der vor Hell mit den wunderbaren Worten „He is not the sharpest knife in the drawer“ angekündigt wird. Verblüffend ist, wie ihm das Publikum an den Lippen hängt, um ihn beim nächsten Song euphorisch zu feiern. Seasick Steves Konzerte geben dem Fan von handgemachter Musik, was er erwartet und unterstützt von Drummer Dan Magnusson spielt sich Steve in einen Rausch.

Der in Norwegen beheimatete Mann aus Oakland kriegt jeden ins Wippen und zum Mitsingen und man hofft, dass dieser Abend nie zu Ende gehen würde. Ging er aber natürlich doch. Aber das zwar komplett erschöpfte, aber sehr glückliche Publikum ging zufrieden nach Hause und man hofft, dass es dieser alte Mann noch lange auf Tour gehen wird – er hat ja noch immer einiges aufzuholen.

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Text: Dennis Kresse

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