Tapetenwechsel statt Denkmalpflege: Tim Fischer und die Kunst der Knef!

Mit „Tim Fischer singt Hildegard Knef“ stand im Pantheon Bonn ein Abend auf dem Programm, der weit mehr war als eine Hommage. Fischer näherte sich dem Werk der großen Chansonnière nicht ehrfürchtig auf Distanz, sondern suchend, tastend, persönlich – und genau darin lag die besondere Qualität dieses Konzerts.

 

Begleitet von einer reduzierten, geschmackvoll eingesetzten musikalischen Umsetzung stellte Fischer die Texte in den Mittelpunkt. Knef-Lieder sind keine gefälligen Melodien, sondern verdichtete Lebensprotokolle: rau, verletzlich, stolz, widersprüchlich. Fischer verstand es, diese Ambivalenzen offenzulegen, ohne sie zu glätten. Seine Interpretation verzichtete auf bloße Imitation und machte deutlich, dass es hier nicht um Nostalgie ging, sondern um Aktualität.

Im Pantheon entstand schnell eine konzentrierte Atmosphäre. Das Publikum hörte zu – wirklich zu. Fischer ließ Pausen zu, setzte Akzente mit minimalen Gesten und einer Stimme, die nicht auf Perfektion zielt, sondern auf Ausdruck. Besonders in den leiseren Momenten wurde deutlich, wie zeitlos Knefs Texte geblieben sind: Lieder über Selbstbehauptung, Zweifel, Liebe und das Scheitern wirken heute kaum weniger scharf als zu ihrer Entstehungszeit.

Zwischen den Songs spricht Fischer kurze einleitende Worte.. Diese kurzen Einordnungen wirkten nie belehrend, sondern öffneten zusätzliche Ebenen, machten Zusammenhänge sichtbar und ließen die Lieder noch stärker wirken. Knef erschien dabei nicht als Denkmal, sondern als Mensch – widerspenstig, verletzlich, kompromisslos.

Der Abend im Pantheon Bonn zeigte eindrucksvoll, warum Tim Fischer als einer der großen Interpret*innen des deutschsprachigen Chansons gilt. Seine Knef-Interpretationen waren keine Verbeugung vor der Vergangenheit, sondern ein lebendiger Dialog mit ihr. Ein Konzert, das nicht laut werden musste, um nachzuhallen – und das einmal mehr bewies, dass gute Texte keine Patina ansetzen, wenn sie ernst genommen werden.

Text: Dennis Kresse
Credits: Harald Kirsch (Pantheon)

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