SHISH – Portugal. The Man lösen sich vom Pop

Mit „SHISH“ zeigen Portugal. The Man eine Seite von sich, die bewusst roh, verspielt und widerständig bleibt. Das Album wirkt wie ein Gegenentwurf zur eigenen Erfolgsgeschichte: weniger glatt, weniger zugänglich, dafür experimenteller und stellenweise herrlich unberechenbar. SHISH ist kein Werk, das um Aufmerksamkeit buhlt – es fordert sie ein.

Musikalisch bewegt sich das Album zwischen Psychedelic Rock, verzerrtem Funk, Indie-Experimenten und einer unterschwelligen Hip-Hop-Ästhetik. Viele Songs wirken fragmentarisch, fast skizzenhaft, was dem Album jedoch keinen unfertigen Charakter verleiht, sondern vielmehr eine spontane, unmittelbare Energie. Portugal. The Man klingen hier wie eine Band, die sich im Studio treiben lässt, statt einem klaren Konzept zu folgen – und genau darin liegt der Reiz von SHISH.

Die Produktion ist bewusst schmutzig gehalten. Beats wirken übersteuert, Gitarren kratzen, Synths flackern eher, als dass sie führen. John Gourleys Gesang tritt häufig in den Hintergrund, fungiert als Teil des Gesamtklangs und weniger als klassischer Mittelpunkt. Texte bleiben oft vage, assoziativ, manchmal fast nebensächlich – wichtiger ist die Atmosphäre, die zwischen Lässigkeit, latenter Unruhe und psychedelischem Flow oszilliert.

SHISH lebt von seinem Groove und seinem Mut zur Imperfektion. Statt klarer Single-Momente setzt das Album auf einen Sog, der sich erst über die Länge entfaltet. Es ist Musik für das Hören am Stück, nicht für das Herauspicken einzelner Tracks. Wer hier auf sofortige Hooks oder poppige Refrains hofft, wird oft enttäuscht – wer sich jedoch auf die verschlungenen Strukturen und die dichte Klangwelt einlässt, entdeckt ein Album mit Charakter.

In der Diskografie von Portugal. The Man nimmt SHISH damit eine Sonderrolle ein. Es ist kein Album für den Mainstream, sondern eines für jene, die der Band ihre Experimentierfreude und ihren Eigensinn schätzen. SHISH klingt nicht nach dem Versuch, Erwartungen zu erfüllen, sondern nach einer Band, die sich bewusst von ihnen löst. Ein Album, das nicht gefallen will – und gerade deshalb lange nachhallt.

Text: Dennis Kresse

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