„Dysthymia“ von Hagen Brüggemann ist ein auffallend ehrliches und kompromisslos persönliches Debütalbum, das sich durch eine rohe, unverstellte Emotionalität auszeichnet. Brüggemann erzählt hier von vielen prägenden Jahren seines Lebens, und diese Ernsthaftigkeit spürt man in fast jedem Song. Die Texte kreisen um Einsamkeit, Zurückweisung, unruhige Selbstsuche und das ständige Ringen darum, sich in einer Welt zurechtzufinden, die manchmal zu eng und manchmal zu laut erscheint. Bemerkenswert ist dabei auch sein ungewöhnlicher Werdegang: Brüggemann war einst Kandidat bei „Wetten, dass..?“, was im Rückblick wie ein fast surrealer Kontrast zu der introspektiven, melancholischen Tiefe seines Albums wirkt. Gerade diese Lebensbrüche und Brüche in der Außendarstellung verleihen dem Werk eine besondere Spannung.
Musikalisch bewegt sich „Dysthymia“ in einem breiten Spektrum: von stillen, introspektiven Liedern über fast flüsternde Singer-Songwriter-Momente bis hin zu wuchtigen, grungigen Ausbrüchen, die wie ein Ventil wirken. Diese Vielfalt verhindert, dass das Album trotz seiner Länge von über 20 Songs eintönig wirkt. Zugleich zieht sich eine klare Handschrift durch das gesamte Werk: eine Mischung aus Zerbrechlichkeit und Rebellion, aus leiser Verzweiflung und plötzlicher Energie. Man merkt, dass das Album sehr eigenständig entstanden ist – und genau diese Unmittelbarkeit macht es so authentisch.
Insgesamt ist „Dysthymia“ ein beeindruckend mutiges Debüt: kantig, verletzlich, intensiv und ohne jede Schönfärberei. Es ist weniger ein Album zum schnellen Konsum als vielmehr ein emotionaler Erfahrungsraum, der sich entfaltet, wenn man bereit ist, sich ihm vollständig zu widmen. Für alle, die nach authentischer, tief empfundener Musik suchen, ist es ein lohnendes, wenn auch herausforderndes Erlebnis – und ein überraschender Kontrast zu dem Mann, der einst bei „Wetten, dass..?“ AC/DC Songs erkannte und heute ein so introspektives Werk vorlegt.
Text: Dennis Kr4sse
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