Am 21.11. erschien mit „Will Lost Dreams Find Us Again“ die erste Single vom in Zürich lebenden Pianisten Gabriel Meyer! Er studierte Klavier an der Zürcher Hochschule der Künste und erhielt prägende Impulse durch Norman Shetler in Wien. Konzertauftritte führten ihn als Solist und Kammermusiker in die Schweiz und ins Ausland. Im Alter von achtzehn Jahren erlebte Meyer während eines tranceähnlichen Spiels ein Werk, das er als unmittelbaren Ausdruck seines Innersten erkannte. Dieses Erlebnis prägt bis heute seinen Zugang zur Musik: nicht geplant, sondern innerlich gehört.
Wir haben Gabriel Meyer ein Interview geführt.
Deine neue Single „Will Lost Dreams Find Us Again“ erschien am 21. November.
Was war der allererste innere Impuls, der dieses Stück ausgelöst hat?
Nachdem ich das Thema dieses Stücks zum ersten Mal spielte, dachte ich sofort an Filmmusik. Ein Gefühl von Sehnsucht und Träumerei kam in mir auf, aber auch Hoffnung und Aufbruch. Das Schöne an der Musik ist, dass sie jedem Hörer eine andere Geschichte erzählt. Wenn eine neue Komposition entsteht, dann geschieht dies selten mit einem initialen Impuls. Im Idealfall bin ich vollständig im Flow und meine Finger spielen ein vollständiges Stück, ohne dass mein Verstand involviert ist. Dieser Zustand ist ein Geschenk.
Du hast mit achtzehn Jahren ein tranceähnliches Spielerlebnis beschrieben, in dem ein Werk wie „von innen heraus“ entstand.
Erlebst du beim Komponieren heute noch Momente dieser Art – und wie beeinflussen sie deine musikalische Sprache?
Dieses Erlebnis mit achtzehn war sehr prägend, weil ich bis vor kurzem nicht verstanden habe, wie es möglich war, ein rhythmisch und harmonisch komplexes Stück fehlerfrei auf Anhieb zu kreieren – ohne Erfahrung in Improvisation oder Komposition. Ich hielt es lange für einmalig.
Im Frühling 2024 änderte sich das grundlegend. Nach einem Bänderriss am Fußgelenk war ich eine Zeit lang zu Hause. Eines Tages setzte ich mich ans Klavier und spielte einfach, ohne Absicht. Erst später wurde mir bewusst, was geschehen war. Ich filmte meine Sessions, hörte die Aufnahmen – und war überrascht: Komplettstücke, komplex, fast fehlerfrei. Es erinnerte mich an damals. So begann alles. Über Wochen spielte ich wieder regelmäßig Klavier, und so entstanden meine ersten Kompositionen.
Du sagst, dein Zugang zur Musik sei nicht geplant, sondern „innerlich gehört“.
Wie würdest du diesen Prozess jemandem erklären, der eher rational arbeitet?
Ich glaube, dass dies der natürlichste Prozess eines Künstlers ist. Kreativität entsteht im Moment – oft dann, wenn man sie nicht plant. Wenn ich mich ans Klavier setze, muss das ohne Erwartung geschehen. Denn bisher ist kein Stück aus der Absicht heraus entstanden, komponieren zu wollen. In solchen Momenten arbeite ich aus dem Kopf – und blockiere mich selbst. Mit der Zeit habe ich gelernt, loszulassen und mich dem Fluss hinzugeben. Das verändert nicht nur mein Schaffen, sondern auch meine Sicht aufs Leben.
Du hast in Zürich studiert und wichtige Impulse von Norman Shetler in Wien erhalten.
Welche Erfahrungen oder Begegnungen haben dich als Künstler am stärksten geprägt?
Neben dem Studium war die Begegnung mit Norman Shetler besonders prägend. Jeder Ton hatte bei ihm Bedeutung. Klang, Phrasierung, Dynamik – alles war bewusst geformt. Manchmal arbeiteten wir eine halbe Stunde an drei Takten. Diese Haltung hat meine Arbeit am Klavier tief beeinflusst und begleitet mich bis heute.
Deine Musik wirkt introspektiv und zugleich weit offen.
Welche Rolle spielen Stille, Raum oder sogar Landschaft für dein Arbeiten?
Ich meditiere regelmäßig und suche bewusst die Stille. Ich verbringe viel Zeit in der Natur – das erdet mich und hält mich in Balance. Innere Ruhe ist für mich wesentlich, denn nur aus der Stille heraus kann meine Musik entstehen.
Konzertreisen haben dich als Solist und Kammermusiker durch die Schweiz und ins Ausland geführt.
Wie unterscheidet sich das Erleben eines eigenen Stücks auf der Bühne von klassischen Werken?
Meine eigene Musik ist mir am vertrautesten. Beim Spielen vergesse ich manchmal sogar das Publikum, weil ich tief in der Musik versinke. Bei Werken von Liszt, Chopin oder Bach ist das anders – dort braucht es einen anderen Fokus. In meiner eigenen Musik kann ich komplett abtauchen, fast getragen werden.
In einer Zeit, in der Genres immer stärker verschmelzen:
Wo siehst du deine Musik – und ist dir diese Einordnung wichtig?
Ich sehe meine Musik zwischen zwei Welten: nicht ganz Klassik, nicht ganz Neoklassik, sondern irgendwo dazwischen. Das gefällt mir, weil ich so verschiedene Menschen erreichen kann. Am Ende ist Einordnung unwichtig. Für mich zählt vor allem eines: Musik soll Heilung schenken.
„Will Lost Dreams Find Us Again“ klingt bereits im Titel emotional.
Gab es ein Gefühl oder eine Geschichte, die dich beim Komponieren begleitet hat?
Der Großteil des Stücks entstand sehr früh – als ich gerade erst begann zu komponieren. Es blieb unvollendet, bis ich ein halbes Jahr später zufällig die Noten wiedergefunden habe. Da hatte ich den Drang weiterzuarbeiten – und so wurde das Stück vollendet.
Deine Arbeitsweise wirkt intuitiv.
Gibt es dennoch Momente, in denen Struktur oder Technik im Vordergrund stehen müssen?
Ja, absolut. Wenn ich meine Aufnahmen in der Notationssoftware festhalte, sind Handwerk und Erfahrung entscheidend. Da geht es weniger um Intuition, sondern um Rhythmus, Struktur und klare Formen.
Zum Schluss ein Blick nach vorn:
Was dürfen wir nach der Single erwarten?
In den kommenden Monaten erscheinen weitere Singles aus meinem Debütalbum Remember. Die letzten Kompositionen dieses Zyklus erscheinen im Mai, zusammen mit dem kompletten Album. Remember ist ein sehr persönliches Projekt – voller Reflexion, emotionaler Prozesse und innerer Heilung. Nächstes Jahr möchte ich mich stärker auf Konzerte konzentrieren und meine Musik mit der Welt teilen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Fragen: Dennis Kresse
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