Mit seiner Debüt-EP „Lieb mich dumm“ veröffentlicht der Münchener Musiker Nie ohne Timba ehrliche, tanzbare und tiefsinnige Pop-Songs voller Gefühl und Lebensfreude. Im Soundchecker.koeln-Interview spricht er über Selbstliebe, Realitätsschwund und das Erwachsenwerden.
1. Deine Debüt-EP heißt „Lieb mich dumm“ – ein ungewöhnlicher, provokanter Titel. Was steckt für dich hinter dieser Aussage?
Der Titel „Lieb mich dumm“ entspringt zwei auf den ersten Blick zusammenhangslosen Perspektiven.
In der ersten geht es um diese neue, junge Liebe, die einen blind macht. Man beginnt, alles zu romantisieren, und lebt in einer schönen Traumwelt, in der Rationalität nur ein Fremdwort ist.
In der zweiten Perspektive steht der Wunsch im Vordergrund, genau diese blinde Liebe auch für sich selbst zu empfinden – zumindest hin und wieder. Man versucht, sich selbst zu rationalisieren, bewertet sich und seine Entscheidungen ständig. Dabei würde man sich vielleicht einfach mal wieder „dumm lieben“ wollen – so unbeschwert, wie es einem bei manch anderer Person so leichtfällt.
2. Deine Songs verbinden Melancholie mit Hoffnung. Wie gelingt es dir, selbst traurige Themen so positiv klingen zu lassen?
Ich glaube, nichts ist final und alles, was passiert, passiert aus einem Grund. Das ist natürlich kein neues oder besonderes Phänomen, aber es hilft und schenkt schöne Ausblicke, an denen man sich festhalten kann.
Außerdem hab ich mir mal gesagt: „Hey, selbst wenn ich traurige Musik schreibe, macht mir das irgendwie Spaß und dieses Gefühl will ich mir bewahren.“ Also quasi: Egal, was ich mache – nie ohne Lebensfreude.
Und Timba ist ein Jungenname, der genau dafür steht: Lebensfreude. So ist dann auch mein Künstlername entstanden: „Nie ohne Timba“.
3. Viele deiner Texte klingen sehr persönlich. Wie viel von dir selbst steckt tatsächlich in den Songs?
Ich glaube, alles, was man im Leben macht, kommt von irgendeiner Prägung. Und das ist ja auch total schön. Klar, ich verarbeite auch viel in meiner Musik, aber man schmückt ja dann doch ganz gern mal auch die ein oder anderen Dinge aus. So ein bisschen Realitätsschwund schadet nie. Oder?
4. Musikalisch bewegst du dich zwischen Pop, Elektronik und Indie. Welche Künstler oder Sounds haben dich am meisten geprägt?
Ich hab früher ziemlich viel Phil Collins oder Jack Johnson gehört. Dann hatte ich mal eine starke Justin-Bieber-Zeit (die Frisur hab ich auch gerockt, sowieso klar), dann Martin Garrix und David Guetta, dann Melodic Techno mit beispielsweise Township Rebellion und jetzt bin ich irgendwie im deutschen Pop gelandet. Ich hatte aber irgendwie nie diesen einen Künstler, den ich fanatisch verfolgt habe. Also schwierig das so festzulegen. Ich glaub, es gab auch mal eine Tokio-Hotel-Zeit, aber vielleicht täusche ich mich da auch.
5. Du kommst aus München – wie sehr beeinflusst dich die Stadt oder ihr Musikleben beim Schreiben?
Ich glaube, die Stadt selber beeinflusst mich weniger, eher meine Freunde hier. Wegen meinem Mitbewohner (Moonis heißt sein eigenes Projekt) habe ich überhaupt angefangen, deutsche Musik zu machen. In meinem Freundeskreis sprechen wir auch ziemlich offen und direkt über unsere Gefühle, das hilft natürlich stark, sich deren besser bewusst zu werden, und hilft ungemein beim Schreiben.
6. Deine Musik erinnert stellenweise an den jungen Cro, aber mit mehr Nachdenklichkeit. Wie stehst du zu diesem Vergleich?
Das habe ich jetzt schon öfter gehört, aber so ganz nachvollziehen kann ich das nicht, auch wenn es mich natürlich freut! Ich glaube, wenn dann liegt es an der Art zu schreiben.
7. In deinen Songs schwingt oft eine Sehnsucht nach Erwachsenwerden mit. Was war für dich das prägendste „Learning“ auf diesem Weg?
„Coming of Age“ ist irgendwie ein Thema für mich. Es ist so spannend, sich in dieser Zeit selber oder die Leute um einen herum zu beobachten, was für Dinge auf einmal wichtig sind und dann wieder überhaupt nicht. Durch wie viele unterschiedlichen Phasen man läuft in der Hoffnung, sich irgendwie selber zu finden. Mein Vater meinte mal zu mir, dass das nie aufhört, aber irgendwie das Schöne daran ist. Seitdem denke ich mir auch nur: Erwachsene sind eigentlich nur Kinder mit bisschen mehr Lebenserfahrung. Und wahrscheinlich ist das mein größtes Learning.
8. Du beschreibst deine Musik als ehrlich und direkt. Wie wichtig ist Authentizität für dich im deutschen Popkontext?
Authentizität ist immer wichtig. Mich nervt es, wenn Menschen nicht authentisch sind. Das ist auch ganz unabhängig vom deutschen Popkontext. Ich finde, am Ende verarscht man sich immer selber. Ich habe aber das Gefühl, dass es immer mehr authentische Newcomer:innen gibt. CRS, Doss, Jolle, Jonny Mahoro. Darum ist es so schön zu sehen, in welche Richtung das geht.
9. Wenn man deine EP hört, spürt man eine gewisse Nostalgie. Gibt es bestimmte Momente oder Zeiten, zu denen du musikalisch immer wieder zurückkehrst?
Junge Liebe. Dieses erste Mal so richtig verknallt sein. Wenn der ganze Körper mit Dopamin vollgepumpt ist und wirklich nichts wichtiger ist als diese eine Person.
10. Was dürfen die Hörerinnen und Hörer von „Lieb mich dumm“ erwarten – und was kommt nach der EP als Nächstes?
Die EP ist ein bunter Mix, so ein bisschen wie eine Süßigkeitentüte, die man sich im Schwimmbad am Kiosk zusammengestellt hat. Jedes Stück steht für sich und darf ganz individuell genossen werden. Für mich malt jeder Song eigene Bilder, und genau diese darf man entstehen lassen, wenn man die EP hört.
Mit der EP beginnt die musikalische Reise von Nie ohne Timba eigentlich erst so richtig. Es fühlt sich an, als wäre das Projekt aus seinen Kinderschuhen herausgewachsen und nächstes Jahr fangen wir an, barfuß loszulaufen. Irgendwie ein aufregendes Gefühl.
Die EP „Lieb mich dumm“ erscheint am 5. Dezember 2025 und markiert den offiziellen Start der musikalischen Reise von Nie ohne Timba. Ehrliche Texte, verspielter Pop und ehrliche Emotionen – ein vielversprechendes Debüt eines Künstlers, den man im Auge behalten sollte.
Fragen: Dennis Kresse
Erzählt von uns: