
Fury in the Slaughterhouse/Michél von Wussow, Kunstrasen, Bonn (11.07.2025)
Fast vier Dekaden auf dem Buckel – und trotzdem kein bisschen leise: Fury in the Slaughterhouse lieferten auf dem Kunstrasen Bonn ein Konzert, das zeigte, wie vital Rockmusik klingen kann, wenn man sie nicht aufpoliert, sondern lebt. Vorband Michél von Wussow sorgte mit ehrlichem Charme, klugen Texten und einem feinen Gespür für das Publikum für einen bemerkenswert starken Auftakt.
Schon der erste Song von Fury war ein Paukenschlag. Kein Aufwärmen, kein „Na, geht’s euch gut, Bonn?“ – die Band legte los, als ginge es um alles. Kai und Thorsten Wingenfelder wirkten wie zwei Veteranen, die nicht in Erinnerungen schwelgen, sondern mit beiden Beinen in der Gegenwart stehen. Klassiker wie „Radio Orchid“ oder „Time to Wonder“ wurden nicht bloß gespielt, sie wurden gefeiert, geschrien, gespürt. Zwischen den großen Hits zeigte sich aber auch die Vielseitigkeit der Band: „Letter to Myself“ oder das nachdenkliche „Good bye so long“ waren intensive Momente, die das Publikum in andächtige Stille tauchten, bevor es sich im nächsten Refrain wieder kollektiv entlud.
Michél von Wussow, musikalisch irgendwo zwischen Gisbert zu Knyphausen und Ben Howard, überraschte mit lakonischem Witz, starker Stimme und einem authentischen Auftreten. „Wenn ihr mich nicht mögt, singe ich trotzdem weiter“ – das Publikum mochte ihn. Und mehr als das: Es hörte genau hin. Seine Songs erzählten vom Scheitern mit Haltung, vom Zweifeln mit Wärme, und das mit einer Leichtigkeit, die groß war. Eine Vorband, die nicht nur füllt, sondern beeindruckt.
Die technische Umsetzung auf dem Kunstrasen war wie gewohnt hochwertig: Druckvoller, transparenter Sound, stimmige Lichtinszenierung und eine durchdachte Kameraarbeit sorgten dafür, dass auch im hinteren Drittel niemand etwas verpasste. Die Mischung im Publikum war auffällig generationenübergreifend: Hier standen Mittvierziger mit Fan-Shirts neben Jugendlichen, die offenbar durch ihre Eltern zur Band gefunden hatten. Und sie alle tanzten, sangen und ließen sich mitreißen.
Zu den emotionalen Höhepunkten zählten auch die leiseren Töne. „Trapped Today, Trapped Tomorrow“ wurde zur kollektiven Reflexion über unsere Gegenwart, während „Every Generation Got Its Own Disease“ klang, als sei es gestern geschrieben worden. Fury haben nicht nur Hymnen, sie haben Haltung. Und sie scheuen sich nicht, auch in einem Festivalsetting klare Kante zu zeigen.
Fazit:Fury in the Slaughterhouse sind kein Abklatsch ihrer selbst, sondern ein Paradebeispiel dafür, wie Rock mit Würde altern kann. Sie klingen nicht wie früher. Sie klingen besser. Mit mehr Tiefe, mehr Reife, aber immer noch mit der Wucht von früher. Und von Wussow? Sollte man sich merken. Vielleicht war dieser Abend auch sein stilles Coming-out als neue Stimme in der deutschsprachigen Musiklandschaft. Bonn hatte Glut unter dem Rasen – und das Feuer reicht locker bis ins Herz.
Setlist Fury in the Slaughterhouse, Bonn, Kunstrasen (11.07.2025)
01. Protection (Fischer-Z Cover)
02. Letter to Myself
03. Better Times Will Come
04. Hang the DJ
05. Milk and Honey
06. Why Worry?
07. Are You Real
08. sorrowland
09. Then She Said
10. When I’m Dead and Gone (McGuinness Flint cover)
11. Good Day to Remember
12. Radio Orchid
13. Every Generation Got Its Own Disease
14. Riding on a Dead Horse
15. Nine Lives
16. Trapped Today, Trapped Tomorrow
17. Everyday Heroes
18.Kick It Out
19. Won’t Forget These Days
20.Won’t Forget These Days Reprise
21. Goodbye So Long
22.Time to Wonder
23. Hello and Goodbye
24. Seconds to Fall
Text: Dennis Kresse
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