Hawara und Hödn!

Mit Hödn melden sich Seiler und Speer zurück – und der Titel ist Programm. „Hödn“, das Wienerisch für „Idioten“, ist mehr als nur ein Schimpfwort. Es ist eine Standortbestimmung, eine Diagnose des Zeitgeists – und bei Seiler und Speer natürlich auch eine liebevoll-rotzige Selbstironie.

Das vierte Studioalbum des Duos pendelt gewohnt sicher zwischen G’stanzl-Charme, Austropop-Melancholie und Alltagsbeobachtung mit Schmäh. Schon der Titelsong lässt keine Zweifel daran, dass Seiler und Speer noch immer ein feines Gespür dafür haben, das Groteske im Normalen zu finden – und das Normale im Grotesken. Sie singen über Menschen, die sich für gescheit halten und’s trotzdem ned san. Über Alltagshelden und Alltagstrottel. Über Liebe, Suff, Wut, und den Facebook-Kommentarbereich.

Musikalisch bleibt vieles beim Alten – irgendwo zwischen Ambros, STS und einer Kneipenjamsession, die am nächsten Tag doch überraschend gut klingt. Doch Hödn ist mehr als eine Fortsetzung ihrer Erfolgsformel. Songs wie „Irgendwie“ oder „Red mit an Aundan“ zeigen eine feine Dramaturgie zwischen Komik und Tragik. Die Produktion ist sauberer, der Sound breiter, stellenweise sogar überraschend melancholisch. Der Witz ist da – aber der Schmerz auch.

Was Seiler und Speer von vielen anderen unterscheidet: Ihre Pointen zielen nicht nur nach außen. Die Häme trifft auch das Ich. So wird Hödn nicht zur kabarettistischen Fingerübung, sondern zum kleinen Volksstück über die Dummheit – unsere und ihre.

Fazit: Hödn ist ein ehrliches, mitreißendes und erstaunlich nachdenkliches Album. Seiler und Speer zeigen, dass man sich auch mit Schmäh weiterentwickeln kann – und dass in jedem „Hodn“ ein bissl Wahrheit steckt.

Text: Dennis Kresse

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