
Sondchecker.Koeln: Wie würdest Du den Schaffungsprozess des Albums charakterisieren?
Das Album hat sich über einen Zeitraum von fünf Jahren entwickelt. Ursprünglich wollte ich eigentlich nur eine gleichnamige EP veröffentlichen, aber im Laufe der Zeit habe ich gemerkt, dass
weder die älteren noch die ganz neuen Songs wirklich passen. Nach und nach wurde mir klar, dass ich eigentlich an einem vollständigen Album arbeite. Die Produktion hat dann noch einiges an
Zeit in Anspruch genommen. Es war eine sehr enge und kreative Zusammenarbeit mit meinem Co_Produzenten Aaron Ahrends (SAY YES DOG), bis schließlich alles so war, wie ich es mir
vorgestellt habe.
Es heißt „RADIKAL_VIRAL Welche Idee steckt hinter dem Namen?
„RADIKAL_VIRAL“ ist ein augenzwinkernder Kommentar zum Zustand der heutigen Musikbranche. Oft scheint es wichtiger zu sein, wie ein Album in den sozialen Netzwerken angekündigt und viral verbreitet wird, als was eigentlich drinsteckt – also die Musik selbst und das dahinterstehende Konzept. In vielen meiner Texte beschäftige ich mich mit der Digitalisierung unserer Gesellschaft: mit der Datenflut, die wir hinterlassen, unserem zunehmend öffentlichen Privatleben, das von Tech-Konzernen zum Produkt gemacht wird, und mit dem verzerrten Selbstbild, das durch soziale Medien entsteht.
Wie ist die Erwartungshaltung mit dem Album?
Meine Erwartungen sind ziemlich gelassen. Natürlich wünsche ich mir, dass möglichst viele Menschen den Weg zu meiner Musik finden – und im besten Fall auch einen Zugang zu den
Texten. Mir ist es wichtig, dass sich Hörer*innen mit den behandelten Themen auseinandersetzen. Aber wenn das mal nicht passiert, freut es mich auch einfach, wenn sie zumindest die Hüften zu
den Beats schwingen.
Wie kann man generell sagen, entsteht ein typischer Song von Dir, von der Inspiration bis hin zum fertigen Song?
In der Regel starte ich mit einer Textidee – das kann eine einzelne Zeile, ein Wort oder ein übergeordnetes Konzept sein. Danach experimentiere ich viel mit meinem Modular-Synthesizer,
um einen spezifischen Sound zu finden, der die Atmosphäre vorgibt. Um diesen Klang herum entwickle ich dann den Song. Trotzdem ist der Entstehungsprozess von Stück zu Stück unterschiedlich – manchmal führt der Sound, manchmal der Text. Ich lasse da viel Intuition zu.
Warum sollte man Dich unbedingt live anschauen?
Live trete ich im Duo mit dem großartigen Drummer Wouter Rentema (Bonaparte) auf. Unser Zusammenspiel ist voller Energie – irgendwo zwischen düsterer Ekstase und kontrolliertem Chaos. Durch meine Erfahrung als Schauspieler bringe ich eine starke Bühnenpräsenz mit, die ich in der Performance voll ausleben kann. DasRADIAL ist als Figur ziemlich eigen – robotisch, wild, ein bisschen wirr. Aber genau das machts spannend: Ich versuche, dem Publikum diese Persona näherzubringen und gemeinsam mit allen einen intensiven, schönen Abend zu erleben.
Welche drei Dinge sollten Deiner Erfahrung nach auf keinem Fall im Tourgepäck fehlen?
Schminke/Kostüme mein Drummer und Sekt.
Welches Lied hättest Du gerne selbst geschrieben und warum?
Tendenziell schreibe ich lieber selbst Musik als mir über diese Frage den Kopf zu zerbrechen.
Mit wem würdest Du gerne mal zusammen ein Stück aufnehmen?
Freddie Mercury, leider wird das nichts mehr in diesem Leben.
Wo siehst Du Dich und Deine Musik in 10 Jahren?
Schwer zu sagen, was die Zukunft bringt. Ich hoffe einfach, dass ich in zehn Jahren noch genauso motiviert bin wie heute – und dass mir die Ideen nicht ausgehen. Solange das der Fall ist, werde ich das Projekt mit voller Energie weiterentwickeln und pushen.
Vervollständige bitte den folgenden Satz: Musik ist für mich die Welt, weil …
ich wie ein Algorithmus denke.
Das Gespräch führte Dennis Kresse
Credits: Lynn Theisen


