30 Jahre Rantanplan!

Torben, 30 Jahre Rantanplan – herzlichen Glückwunsch! Wie fühlt sich das an?

Es fühlt sich kürzer an. Ich bin dankbar dafür, das immer noch machen zu dürfen – und dafür, für manche Leute noch wichtig zu sein. Das hilft mir selber, nicht völlig verloren zu gehen. Natürlich ist es deprimierend, wie die Welt sich seitdem entwickelt hat. Aber hätte ich nicht diese Band gemacht und wäre einer normalen Tätigkeit nachgegangen, wäre ich jetzt tot – oder wenigstens komplett durch.

Rantanplan war immer mehr als nur Musik – es ging euch auch um Haltung. Wie hat sich euer politisches Selbstverständnis über die Jahre verändert?

Nicht groß. Ich denke zwar nicht mehr darüber nach, dem bewaffneten Kampf der Zapatisten in Chiapas, Mexiko beizutreten – wie mal spinnerig in den Neunzigern, als ich dachte, alles gesagt zu haben und nun Taten folgen lassen zu müssen (die mich in kürzester Zeit hätten tot im Dschungel sein lassen) – aber ich bin immer noch überzeugter anarcho-syndikalist, gilde-sozialistischer Prägung und wahrer Demokrat.

In der Band sind wir alle Linke – der/die eine halt mehr, der/die andere weniger. Das war auch schon immer so, und es wäre mir unvorstellbar, mit jemandem zu spielen, der vielleicht die allgemeine Meinung der FDP oder CDU vertritt. Wtf. Wie gesagt: unvorstellbar.

Der aktuelle Rechtsruck macht uns Angst, und wir stemmen uns dagegen, wo wir können. Wir ersehnen dringend ein AfD-Verbotsverfahren herbei.

Ich fremdele allerdings heutzutage ein wenig mit den neuen überpolitisierten Sprechgeboten der Political Correctness – und fass mir gleichzeitig an den Kopf, wie unglaublich selbstgerecht sich genau diese Menschen dabei durchs Leben konsumieren. Es ist keine Kunst, sich als Solist*in mit schönem deutschen Nettogehalt, grüngewaschen und alle und jene inkludierend zu präsentieren – aber mich widert das schon auch ein wenig an… Das gab es früher so nicht. Da haben wir Linken alle kleines Geld verdient.

Wie hat sich die Szene aus deiner Sicht verändert?

Punk ist größer, populärer – und leider auch unpolitischer geworden. Früher ging es vielleicht bei den Ramones oder Bad Brains um Geld. Heute geht’s bei den meisten Bands nur um Kohle.
Rantanplan sind auch ein kleines Stückchen weit mitgewachsen, deshalb fehlt mir der überregionale Einblick in die jetzigen lokalen Szenen. Aber es scheinen allgemeine Nachwuchsprobleme zu entstehen.
Es gibt aber trotzdem noch gute neue Punkbands wie: Pisstole oder Müde – oder im Indiepunk-Bereich: Muuske oder Gute Katze – Böse Katze.

Stichwort Humor – Rantanplan war immer auch eine Band, die sich selbst nicht zu ernst nimmt. Wie wichtig ist das?

Ohne Spaß ist man verloren. Privat kann ich manchmal sehr gemeines Zeug über Fremde lästern und vereinfache wie nichts Gutes – total gemein und böse. Aber: morbider Sarkasmus, ironiegetränkt, blutig am Abgrund triefend, hilft mir, mit meinen passiv-brutalen Mitmenschen im echten Leben wesentlich freundlicher umgehen zu können.

Wir sind alle dermaßen unperfekt, dass wir verdammt viel Zündstoff für gute und schlechte Witze liefern. Alle!
Es hilft schon enorm, wenn man auch über sich selbst lachen kann.

In diesem Sinne, das Schlimmste erwartend und das Beste hoffend – danke ich fürs Interview.
Torben Möller-Meissner

Text: Dennis Kresse
Credits: Michael Raadts

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