Mit ihrem neuen Album Looking for Connection liefert Veronica Fusaro einen eindringlichen Soundtrack für eine Zeit, die gleichzeitig vernetzt und verloren wirkt. Zwischen Soul, Indie-Pop und warmen Retro-Vibes sucht sie nach Nähe – zu sich selbst, zu anderen, zu einer Welt im Dauerrauschen. Im Gespräch mit soundchecker.koeln erzählt die Schweizer Künstlerin, wie ihre Songs zwischen Leichtigkeit und Schwere entstehen, warum wir trotz Dauer-Online-Sein oft einsam bleiben und wo sie selbst Momente echter Verbindung findet.
1. „Looking for Connection“ wirkt wie ein warmes Gegenlicht in einer kalten, digitalisierten Welt. Wann wurde dir klar: Dieses Album muss vom Paradox unseres hypervernetzten, aber einsamen Lebens erzählen?
Ich glaube nicht, dass es ein einzelner Moment war, sondern ein schleichender Prozess. Je mehr ich geschrieben habe, desto stärker wurde mir bewusst, wie sehr mich dieses Paradox beschäftigt. Alles ist laut, schnell und ständig online – und trotzdem fühlt man sich manchmal einsam. Irgendwann war klar: Genau darüber muss ich schreiben, weil es mich im Alltag begleitet.
2. Deine Songs tragen diese Mischung aus Leichtigkeit und einer spürbaren Schwere. Wie findest du beim Schreiben die Balance zwischen Hoffnung und Selbstzweifel?
So nehme ich das Leben wahr. Für mich ist es immer ein Spiel zwischen Licht und Schatten. Die Balance entsteht intuitiv, ohne dass ich sie bewusst suche. Ich folge einfach dem Gefühl, das gerade da ist.
3. In „Gold Rush“ geht es um die Jagd nach schneller Anerkennung. Hast du selbst Momente erlebt, in denen du diesem modernen „Goldrausch“ verfallen bist – und wie entkommst du ihm heute?
Ja, natürlich. Ich glaube, niemand ist davor komplett geschützt. Ob im Konsumwahn des Alltags oder in der Musikbranche – man lässt sich schnell von Zahlen, Klicks oder Erwartungen mitreißen. Ich bin diesem Gefühl auch schon verfallen. Wenn ich merke, dass es passiert, konzentriere ich mich auf die wesentlichen Dinge: Familie, Freunde, gutes Essen, Musik, Natur. Am Ende ist auch hier alles eine Frage der Balance. 🙂
4. Viele Songs klingen wie Szenen aus einem Indie-Film der frühen 2000er – ästhetisch, verträumt, verletzlich. Welche Bilder oder Filme prägen deine visuelle und musikalische Welt?
Ich denke oft in Szenen, wenn ich schreibe. Bei einem Stück hatte ich zum Beispiel Charlie Chaplin im Kopf – diese ikonische Fabrikszene. Bei anderen Songs sind es keine existierenden Filmszenen, sondern Bilder, die während des Schreibens entstehen und die Atmosphäre des Songs prägen.
5. In „Slot Machine“ stellst du die Frage: „Why do I feel so down?“ – eine Frage, die eine ganze Generation teilt. Wie gehst du persönlich mit dieser emotionalen Erschöpfung unserer Zeit um?
Zuerst muss man sich fragen, warum diese Erschöpfung überhaupt entsteht. Unsere Welt ist so schnell, voller Eindrücke, Ungewissheit und Erwartungen. Wenn ich merke, dass es mich erwischt, versuche ich bewusst zu verlangsamen – und zurück zu den Dingen zu gehen, die mir guttun.
6. Auf dem Album vermischst du Indie-Pop, Soul, Rock und funkige Arrangements. Gab es einen Song, bei dem du gemerkt hast: Okay, jetzt sprengen wir endgültig alle Genregrenzen?
Ich denke ehrlich gesagt nicht so sehr in Genres, wenn ich Musik mache. Natürlich habe ich Referenzen und bestimmte Stimmungen im Kopf, aber am Ende will ich einfach gute Musik machen und dem Song geben, was er braucht. Rückblickend würde ich sagen, dass „Can You Take the Heat“ am stärksten verschiedene Genres mischt – aber das war kein bewusster Entscheid, sondern reines Bauchgefühl.
7. Du hast von Glastonbury bis zum Montreux Jazz Festival alles gespielt. Wie verändert sich deine „connection“ zum Publikum je nach Bühne – und wann fühlst du dich ihm am nächsten?
Die Verbindung verändert sich je nach Ort, Stimmung und auch meiner eigenen Verfassung. Jede Bühne hat ihre eigene Ausstrahlung, jedes Publikum bringt eine andere Energie mit. Manchmal fühlt sich ein kleiner Club extrem nah an, manchmal entsteht genau diese Nähe in einer großen Halle. Was einen Abend besonders connected macht, weiß man nie – und genau das ist das Magische daran.
8. Deine neue Platte klingt nach Sommer im Herzen, aber Herbst in der Stimmung. Welche Atmosphäre wolltest du für „Looking for Connection“ schaffen – und wo hörst du sie selbst am stärksten?
Ein innerer Sommer, weil viel Liebe, Wärme und Verbundenheit da war. Gleichzeitig aber auch ein Winterton, weil die Welt draußen oft schwer und laut wirkt – wobei glücklicherweise auch dort viel Liebe zu finden ist!
9. 2026 feierst du dein zehnjähriges Jubiläum seit der ersten EP. Wenn du der Veronica von 2016 heute begegnen würdest – was würdest du ihr sagen?
Du machst das gut. Und ich bin stolz auf dich. Dass du dich traust und deinen Weg gehst.
10. Am Ende deiner Songs schwingt oft der Mut mit, man selbst zu sein. Was hoffst du, nehmen die Menschen aus „Looking for Connection“ mit – gerade jene, die sich verloren, überfordert oder unverbunden fühlen?
Looking for Connection handelt von jeder Art von Verbindung – zur Welt, zu anderen Menschen und zu sich selbst. Wenn sich jemand beim Hören wiederfindet und vielleicht einen Moment spürt, dass er nicht allein ist, bedeutet mir das enorm viel. Ich hoffe, die Songs geben Mut, die eigene Stimme ernst zu nehmen und sich selbst wieder ein Stück näher zu kommen.
Fragen: Dennis Kresse
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