
Die großen Bands aus Berlin? Die Ärzte und Ideal, Ton Steine Scherben und die Einstürzenden Neubauten. Im Osten City und Silly. Und bitte auf keinen Fall Spliff vergessen! Mit ihren Hits und Slogans, ihren Studio-Experimenten und fünf zeitlos großartigen Alben.
Zum 40. Geburtstag ihrer letzten Platte „Schwarz auf Weiß“ erscheinen die fünf Spliff-LPs jetzt neu auf Vinyl, in hochwertigen Editionen, gepresst auf farbigem Vinyl, passend zum jeweiligen Album-Design. Zudem sind die Songs der Alben nun erstmals auch komplett bei den Streamingdiensten verfügbar. Für alte und neue Fans. Denn machen wir uns nichts vor: Sobald auch heute noch eine Band mit deutschen Texten daran interessiert ist, kreative Grenzen zu sprengen, dann sind Spliff in der Besetzung mit Manfred Praeker (Bass, Gesang), Herwig Mitteregger (Schlagzeug, Gesang), Bernhard Potschka (Gitarre) und Reinhold Heil (Keyboards, Gesang) die Referenzgröße. Da muss man sich nur mal Songs von Acts wie Bilderbuch oder Ja, Panik anhören.
Wie es zur Gründung von Spliff kommt? Ein Trip zurück ins Jahr 1980. Irre, was da in Berlin passiert. Die Nina Hagen Band steht kurz davor, in Amerika groß rauszukommen. Zappa ist Fan, plant was Großes in den USA. Doch dann zerbricht die Sache: Die vier Musiker, hervorgegangen aus der Politrockgruppe Lokomotive Kreuzberg, haben keinen Bock, die austauschbare Begleitband für die Sängerin zu sein. Die Nina Hagen Band löst sich auf – und schon am Tag danach entsteht eine neue Gruppe: Spliff Radio Band. In Windeseile entsteht „The Spliff Radio Show“, ein Bühnenstück und ein Konzeptalbum, das im Rahmen einer Radioshow Aufstieg und Fall des fiktiven Superstars Rocko die Fonzo erzählt. Gesungen wird auf Englisch, abgerechnet wird mit den falschen Idealen der Musikindustrie. Natürlich verarbeitet die Band hier auch die Konflikte mit Nina Hagen. Man erkennt das daran, wie unmittelbar die Musik klingt. Bewusst suchen sich Spliff keine neue Sängerin, keinen Sänger. Die Band ist nun der Star.
Zwei Jahre später kehren Spliff mit einer zweiten Platte zurück, und wieder ist alles neu. Gesungen wird auf „85555“ auf Deutsch – aber komplett anders, als es die Kollegen tun. Die Texte werden zum Spielball, besonders eingängig zu hören beim Hit „Carbonara“. „Computer sind doof“ ist eine sehr frühe Digitalisierungskritik. Doch sind Spliff alles andere als konservativ: Die Band spielt Rock und Funk, Pop und Reggae – und Electronica. Geprägt wir die Musik vom kraftvollen Zusammenspiel sehr individueller Instrumentalisten. Alle vier großartige Könner. Aber sie spielen im Dienst der Band. Dazu werden Songwriting und Gesang aufgeteilt – bloß kein Frontmann-Problem erschaffen! Die zweite erfolgreiche Single „Déja Vu“ ist auf wunderbare Weise zugleich experimentell und eingängig. Wer den Song im Radio oder Fernsehen hört, merkt sofort: Diese Musik ist neu und aufregend. Das Album ist ein Erfolg bei Fans und Kritikern. Die Plattenfirma muss sich keine Sorgen machen, dass jemand die Bestellnummer vergisst – die lautet nämlich „85555“. Mit „Emergency Exit“ erscheint auch eine englischsprachige Variante des Albums. Die Gestaltung der in Europa veröffentlichte Variante gefällt der Band weniger gut als das Design für den US-Markt. Klar, dass bei den Reissues das amerikanische Layout zum Zug kommt.
Es ist immer noch 1982, da veröffentlicht die Band mit „Herzlichen Glückwunsch“ ihr drittes Album. Was für ein Tempo, was eine Energie! Die Produktion zieht alle Register der neuen Möglichkeiten, die sich Anfang der 80er-Jahre im Studio ergeben. Aber nicht aus Selbstzweck, sondern um die Songs zwischen Rock, Funk und New Wave auf ein neues Level zu heben. Dazu kommen Texte, die auf bitterböse Weise den Zeitgeist analysieren. „Das Blech“ ist eine kryptische Hit-Single, wie man sie noch nicht gehört hat. Was sie nicht daran hindert, das Radio und die Charts zu erobern.
1984 nehmen Spliff mit „Schwarz auf Weiß“ ihr viertes und letztes Album auf. Die Dichte der Doppeldeutigkeiten in den Texten nimmt noch zu, die Musik spielt mit innovativen Beats und elektronischen Elementen. Kaum zu glauben, dass diese Platte aus dem Jahr 1984 stammt. Und damit 40 Jahre alt ist. Die Atmosphäre von „Sirius“, die Eingängigkeit von „Radio“, die Melancholie von „Rand der Welt“ – als sich Spliff ein Jahr später auflösen, tun sie das auf dem kreativen Zenit.
Die Vinyl-Reissues und die Premiere des kompletten Spliffs-Katalogs bei den Streamingdiensten bieten nun die Chance, dieses einzigartige Werk dieser einflussreichen Band aus Berlin wieder- oder neuentdeckten. Ein großer Spaß! Und eine Lehrstunde in Sachen Abenteuerlust und grenzenloser Kreativität. Garantiert ohne Ego-Probleme.
Text: Pressemitteilung
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