Der ehemalige Sänger und Frontmann der Band Nationalgalerie wandelt bereits seit 1997 auf Solopfaden. Auf Tour geht er allein und mit Band seit 2003. Seine Alben werden von der Kritik stets hochgelobt, der große Durchbruch bleibt jedoch eher aus. Niels‘ Steckenpferd sind hochpoetische Texte, die trotzdem gut verständlich sind und den Nagel häufig auf den Kopf treffen. Sein aktuelles Werk „Pseudopoesie“ erhielt wieder sehr gute Kritiken und stieg Ende März 2023 auf einen beachtlichen Platz 34 in den Charts ein.
Der Club des Freizeitzentrumwest fasst 300 Menschen und ist auch sehr gut gefüllt. Offiziell wohl nicht ausverkauft, viele fehlen dazu aber nicht als der Support Klebe beginnt. Hinter Klebe steckt Liza Ohm, die sich auch als Synchronsprecherin einen Namen gemacht hat. Zusammen mit einer Partnerin bringt sie an Tasten, Klavier und Synthesizer schöne, ruhige, sanfte und zarte Singer-/Songwriter-Songs zum Besten. Die Stimme aber auch die Songs erinnern stark an die Musik des Duos Boy, wenn sie ihre ebenfalls im minimalistischen akustischen Gewand spielen. Traumhaft und eine schöne Entdeckung.
So hat Niels sehr leichtes Spiel, denn das Publikum ist gut aufgewärmt. Gerockt wird heute wenig außer bei ein, zwei Gitarrensoli. Es bleibt langsam, gefühlvoll und zerbrechlich aber eben auch zum Genießen. Was sofort auffällt? Der Sound ist perfekt.
Alle Instrumente sind gleichermaßen abgemischt und gut rauszuhören und auch die Gesamtlautstärke ist angenehm. Hier sitzt ein Fachmann an den Reglern. Niels selbst ist kein waschechter Frontmann. Seine Ansagen sind meist kurz aber präzise, er nutzt seine Songs fürs Entertainment. Den Showpart übernimmt meist das Publikum, was mitsingt oder rhythmisch klatscht.
Meistens genießt es jedoch eher stillschweigend die perfekte Live-Darbietung von Niels Frevert mit seiner Band. Von „Pseudopoesie“ finden acht Lieder in der Setlist Platz und bildet damit den Löwenanteil. Der Stimmung tut dies keinen Abbruch,denn hier scheint die Mehrzahl die neuen Stück zu kennen. Es ist alles rund und stimmig, das Haar in der Suppe sucht man vergebens, denn es ist schlicht nicht vorhanden. Oder vielleicht doch?Mit rund neunzig Minuten Spieldauer ist dieses tolle Konzert leider viel zu schnell zu Ende.
Setlist Niels Frevert:
Weite Landschaft
Waschbeckenrand
Klappern von Geschirr
Blinken am Horizont
Du kannst mich an der Ecke rauslassen
Träume hören nicht auf bei Tagesanbruch
Ich suchte nach Worten für etwas das nicht an der Straße der Worte lag
Baukran
Rachmaninow
Leguane
Brückengeländer
Kristallpalast
Der Typ, der nie übt
Niendorfer Gehege
Ich würde dir helfen, eine Leiche zu verscharren, wenn’s nicht meine ist
Speisewagen
Immer noch die Musik
Fremd in der Welt
Putzlicht
Pseudopoesie
Wann kommst du vorbei
Text: Jan Rombout
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