New Model Army – 16./17.12.22 – Palladium Köln

Endlich! Das denken und sagen sich wohl die meisten Fans, als das Palladium zum Weihnachtskonzert und der Geburtstagsfeier die Türen öffnet. Zum 40-Jährigen musste das Doppelkonzert ausfallen, erst zwei Jahre später kann es zelebriert werden. Und auch wenn es musikalisch und auch in Puncto Veröffentlichungen bei New Model Army während der Pandemie still war, verändert hat sich doch eine Menge. Unbemerkt und zunächst ohne Auswirkung verließ Gitarrist M. Gill im Herbst 2021 die Band und wurde nicht personell ersetzt. Dean White übernimmt seitdem den Part und Keyboards und Synthesizer kommen weniger vor. Hin und wieder hilft ein Bühnentechniker für einzelne Songs aus. Ist diese Lücke zu bemerken? Für den ersten Abend übernimmt die Hamburger Band Slime den Support.

Ja, DIE deutsche Punkband, bei der es zwar jede Menge Wechsel gibt aber es doch immer weitergeht. 2020 dann doch die wohl größte Veränderung. Sänger, Frontmann und Aushängeschild Dirk „Diggen“ Jora, der ein paar Wochen nach Gründung dazu stieß und von 1979 das Mikro bis 2020 in der Hand hatte. Für viele dürfte das also der erste Live-Auftritt des neuen Sängers Tex Brasket sein. Es gelingt Slime und ihm das Kölner Publikum auf Betriebstemperatur zu bringen, damit die Jungs um Justin Sullivan leichtes Spiel haben.

Setlist Slime:

Komm schon klar
A.C.A.B.
Alle gegen alle
Sie wollen wieder schießen (dürfen)
Lieben müssen
Alptraum
Weil fickt euch alle
Schweineherbst
Sein wie die
Störtebecker
Religion
Heute nicht

Was nach Slime die Männer von New Model Army auf die Bühne bringen, ist schlicht ein Superlativ. Sie machen keine große Show, erzählen keine Geschichten oder Anekdoten, sondern hauen einen Song nach dem anderen raus. So viel Energie und Spielfreude hat der Autor noch nie bei einem Konzert der Band aus Bradford erlebt. Die Männer ziehen das Programm straff durch. Aber das müssen sie auch, denn alleine am ersten Abend finden 32 (!) Stücke in der Setlist Platz und der erste Gig dauert somit über 2 ¾ Stunden an. Zwar gönnen sich die Bandmitglieder eine Pause, die sie kurioserweise relativ früh und bereits nach zwölf Songs antreten.

Licht und Sound sind von Anfang an perfekt und zu keinem Zeitpunkt wirkt es reizüberflutend. Die Setlist ist ausgewogen, hier kommen die Liebhaber der Hits aber auch die Kenner gleichermaßen auf
ihre Kosten. Längen entstehen dadurch zu keinem Zeitpunkt und obwohl das alles mehr als genug ist und jeden Gast im Palladium glücklich macht, hat die Band noch eine Überraschung parat. Zu Beginn
der Zugaben betritt niemand geringeres als Ed Alleyne-Johnson die Bühne. Der Violinist war mal festes Bandmitglied von New Model Army und ist verantwortlich für den Sound des größten Hits von
New Model Army: Vagabounds. Und natürlich wird dieser dann auch gespielt, arrangiert und ausgeführt sehr nah an der Albumaufnahme. Ist das Konzert bis dato allererste Sahne, ist dieser Gast
nun die Kirsche. Alle Erwartungen wurden mehr als übertroffen. Und die Vorfreude auf Konzert 2 entsprechend groß.

Setlist New Model Army:

Set 1:
Christian Militia
Ambition
Whirlwind
Believe It
Western Dream
Today Is a Good Day
Watch and Learn
A Liberal Education
Inheritance
Stranger
Spirit of the Falklands
The Hunt
Set 2:
Better Than Them
Snelsmore Wood
Die Trying
Lovesongs
Red Earth
White Coats
Vengeance
Innocence
Orange Tree Roads
Devil’s Bargain
Maps
Where I Am
Stormclouds
No Rest
Purity
Betcha
God Rest Ye Merry Gentlemen [Ed Alleyne-Johnson solo]
Vagabonds
Stupid Questions
Poison Street

Am Abend darauf sind gefühlt 50% des Publikums vom Vorabend wieder am Start aber durchaus eben auch andere. Support ist dieses Mal Ivy Flindt. Hinter diesem Namen steckt aber keine Einzelperson, sondern ein Duo. Cate Martin & Micha Holland bezeichnen ihre Musik als Indie-Pop und diese Bezeichnung trifft es auch gut. Cate Martin singt und hat eine schöne klare Stimme. Aber den Songs fehlt es etwas an Eingängigkeit und an Hitpotenzial. Immerhin erfahren wir bei einer Ansage, dass Justin Sullivan selbst sie anrief und einlud und engagierte. Sonst zünden die Songs aber nicht so recht beim Kölner Publikum und der Applaus fällt höflich aus.

Setlist Ivy Flindt:

I Like The Weather
Welcome To L.A.
When You’re Not Around
Give it a Break
What I Call Home
My Only Friend
Lonely Boy
Nothing But You All on my Mind

Auch an diesem Abend sparen die Mitglieder von New Model Army nicht mit Songs und verschwenden keine Zeit. Wieder bei perfektem Sound und eher Licht in dunklen, warmen Farben präsentieren sie erneut eine gelungene Mischung aus Hits und anderen Songs und entführen die Kölner Fans wieder auf eine Zeitreise durch die gesamte Discografie. Sage und schreibe neun Songs werden von ihrem wohl wichtigsten Album „Thunder And Consolation“ gespielt, was auch diesen Abend besonders macht. Es ist wichtig zu erwähnen, dass außer „Vagabounds“ kein einziges Lied sich vom Vortag wiederholt und selbst dieser wird anders arrangiert als am Abend zuvor. Erneut 32 Stücke dauern dieses mal noch zehn Minuten länger, sodass nicht mehr viel fehlt, die 3-Stunden-
Marke zu knacken. Das ist beachtlich und aller Ehren wert. Und es gesellt sich erneut Ed Alleyne-Johnson bei den Zugaben mit der Violine dazu.

Welcher Abend war nun der Bessere? Das ist schwer zu sagen und noch schwerer zu begründen. Berührt hat den Autor und seine Begleitung den ersten Abend mehr. Erinnerungen wurden wach an
vergangene Zeiten und nicht zu vergessen, war der Violinist eine Überraschung. Aber ganz ehrlich? Wäre der zweite Abend vorher gewesen, gut möglich, dass dieses Konzert dann ebenso berührt
hätte.So oder so ist den Engländer ein fast 6-Stündiges Meisterwerk gelungen, was alle Erwartungen übertroffen hat. Und diese Erwartungen waren durchaus hoch, auch weil es ja zu runden
Geburtstagen schon immer Doppelkonzerte gab. Es gibt übrigens die Möglichkeit durch den Rockpalast die Möglichkeit, sich selbst ein Bild zu machen. Beide Abende lassen sich da in voller
Länge in der Mediathek abrufen und die Ausstrahlungstermine im TV lassen sich dort auch finden.Und auch der Vorverkauf für das Weihnachtskonzert 2023 hat bereits begonnen. Nach diesen
Hammerkonzerten gilt es, sich den 16.12.2023 zu notieren. Und wieder im Palladium.

Setlist New Model Army:
Set 1:
Bittersweet
Lust for Power
Never Arriving
1984
The Charge
Lights Go Out
Grandmother’s Footsteps
No Greater Love
Angry Planet
Headlights
Bad Old World
Fate
Set 2:
Family Life
Higher Wall
Marry the Sea
Queen of My Heart
Lurhstaap
Here Comes the War
Get Me Out
Guessing
Born Feral
Before I Get Old
Frightened
Did You Make It Safe?
51st State
125 Mph
Ballad of Bodmin Pill
Green and Grey
Living in the Rose
225
Vagabonds
I Love the World

Text: Jan Rombout

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