Billy Talent – 06.12.2022 -Düsseldorf

Ja, ist denn heut schon Nikolaus? Und, was hat er mitgebracht? Auf keinen Fall „brave“ Musik. Die Besucher in der pickepacke vollen Mitsubishi Electric Halle bekommen einen ganzen Sack guter Musik geboten.

Den Anfang macht die Berliner Indie-Rock-Band Pabst, die sich über drei Alben schon einen gewissen Bekanntheitsgrad erspielen konnte. Sie sind zwar „nur“ der Opener aber dennoch also eine gute Wahl, um einen Abend zu eröffnen. Allerdings wirkt die Band brav und fast etwas eingeschüchtert auf der Bühne.

Sie grüßen und stellen sich auch äußerst förmlich vor. “Hallo! Wir sind Pabst – die Vorband von Billy Talent”, scheint es von den Leinwänden und so brauchen Pabst und Publikum etwas, um miteinander warm zu werden. Dennoch ein gelungener Auftakt.

Setlist Pabst
Dead Ahead
Legal Tender
Ibuprofen
Mercy Stroke
Crushed
Shake the Disease
Skinwalker
Kiss Me (Cover von Sixpence Non the Richer)

Leichteres Spiel mit dem Publikum hat da Frank Turner, der in Düsseldorf auch seine Band „The Sleeping Souls“ mit am Start hat. Was ist Frank Turners Erfolgsrezept? Sind es die eingängigen Golkmelodien, die schnell aber nicht zu hart daher kommen, tanzbar aber für jeden anzuhören?Ist es der Humor Frank Turners, mit dem es ihm gelingt, die Düsseldorfer um den Finger zu wickeln? Oder ist es die Bodenständigkeit und Authentizität von Turner, die ihn so wirken lassen, als sei er jemand aus dem Publikum? Die Antwort lässt sich bei so einer Fragestellung schon erahnen. Alles drei oder zumindest von Allem große Teile.

Turner moderiert das ganze Set ziemlich gekonnt auf Deutsch und gibt frech zu verstehen, dass er ja der eigentliche Headliner sei, er und auch die Fans der Newcomerband Billy Talent aber eine hance geben wollen. Routiniert und immer wieder mit liebevollen humorvollen Spitzen gegen Düsseldorf im Vergleich mit München bringen Turner und Band die alte Philipshalle zum Kochen.

Entertainment ist Turners Ding, darin geht er auf und daran erfreut er sich selbst. Aber in der Stärke liegt bisweilen auch die größte Schwäche. Es ist zu wenig musikalischer Genuss und für jemanden, der Turner sehr gut kennt, ändert sich wenig. Gefühlt ist die Show seit über zehn Jahren sehr ähnlich und auch die Gags ändern sich wenig. Nicht wenige aus dem Bekanntheitskreis des Autors haben sich etwas satt gesehen.

Setlist Frank Turner & The Sleeping Souls

Recovery
Try this at home
Eulogy (German Version)
Photosynthesis
Punches
1933
Haven’t been doing so well
Non serviam
The Gathering
Polaroid Picture
Get Better
I still believe
Four simple words

Dann endlich ist es nach einer glücklicherweise recht kurzen Umbaupause so weit. Endlich wird es laut und gitarrenlastig. Bei bestem Sound und Licht rocken Frontmann und Sänger Benjamin Kowalewicz und seine Band sich durch die Diskografie, das aktuelle Album „Crisis Of Faith“ wird mit fünf Stücken berücksichtigt. Den Löwenanteil stellt „Billy Talent II“, welches auch für den Durchbruch der Kanadier sorgte.

Immer wieder singt das Publikum mit oder ergänzt Passagen, die die Band dann nicht singt. Es klingt manchmal etwas wie Frage/Antwort, wenn Benjamin Kowalewicz vorgibt und die Fans wiederholen. Dazu gesellen sich die brachialen Riffs von Gitarrist Ian D’Sa, der als einer der besten seines Fachs gilt. Tempo ist aber nicht nur in den Songs vorhanden, sondern auch in der ganzen Show. Stolze 21 Stücke spielen Billy Talent in rund neunzig Minuten. Nicht alle Hits kommen an diesem Abend unter, „Louder than the DJ“ muss zum Beispiel weichen.

DER Song allerdings markiert das Ende eines sehr stimmigen Abends. Bei „Red Flag“ und Lichtstrahler ins Publikum sind nochmal alle da und gröhlen aus vollem Herzen den Refrain mit. Und danach? Das Ende wirkt abrupt, da es keine Zugaben gibt. Aber das Gefühl ist geil. Entweder weil man dabei war oder weil man sogar den einen oder anderen Moshpit (unbeschadet?) überstanden hat.

Oder weil alle guten Dinge drei sind: Pabst, Frank Turner und Billy Talent. So einfach ist das manchmal.

Setlist Billy Talent

Devil in a Midnight Mass
This Suffering
I Beg to Differ (This Will Get Better)
Afraid of Heights
Perfect World
Hanging Out with All the Wrong People
Tears Into Wine
Pins and Needles
Rusted From the Rain
The Wolf
Diamond on a Landmine
End of Me
Try Honesty
Surrender
Forgiveness I
Reckless Paradise
Surprise Surprise
Fallen Leaves
Devil on My Shoulder
Viking Death March
Red Flag

Text: Jan Rombout

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