WANDA – „0043“ Videopremiere & neues Studioalbum „Niente“ am 06.10.2017

Was waren das bloß für drei irre Jahre? Drei Jahre, an deren Anfang sich eine völlig unbekannte Band von Wien aus aufmachte, um ihre Botschaft von “Amore“ in die Welt zu tragen. Mit wenig mehr als ein paar abgefuckten Raulederjacken, einem schier endlosen Zigarettenvorrat und zwei Säcken voller Hits im Kofferraum. Der Rest war Chaos, Hysterie und Ekstase. Fast im Alleingang haben WANDA den Rock ’n‘ Roll im deutschsprachigen Raum gerettet – und dabei ganz neue Superlativen definiert.

Wer hätte je damit gerechnet, dass sich im verschlafenen Wien fünfzehn Jahre nach Falco noch einmal eine solche Pop-Karriere starten ließe? Vermutlich nicht einmal Marco Michael Wanda (Gesang, Gitarre), Christian Immanuel Hummer (Keyboard), Manuel Christoph Poppe (Gitarre), Reinhold Weber (Bass) und Lukas Hasitschka (Schlagzeug) selbst.
2014 unterschrieben sie beim Wiener Indie Label Problembär Records. Die Erstauflage vom Debüt “Amore“ betrug optimistische 500 Stück. Von der Musik leben? Das schien bestenfalls schöne Rock ’n‘ Roll-Fantasy zu sein. Die Musiker taten daher das einzig Vernünftige – und kündigten ihre Jobs.

So viel Hingabe in Anbetracht völliger Chancenlosigkeit ist entweder heroisch oder dezidiert deppert. Aber eines kann man dieser Band von Anfang an glauben: Bei ihnen geht es zu jedem Zeitpunkt um alles – und alles könnte jederzeit spektakulär zusammenkrachen. Diese Dringlichkeit spürt man auch bei den Konzerten, die zu rauschenden Festen werden. Innerhalb kürzester Zeit machen sich WANDA einen Namen als eine der heißesten Bands im deutschsprachigen Raum.
“Bologna“, die dritte Single, explodiert. Während die Band im Kleinbus über deutsche Autobahnen gondelt, überholt sie ihr eigener Erfolg. Die vorher gebuchten Clubs quellen über, während die Auftritte noch für ein paar Bierkisten als Gage absolviert werden. Von Wien bis Berlin verzehren sich plötzlich alle nach “Amore“: In Österreich klettert die Platte bis auf Platz 2 und hält sich 106 Wochen lang in den Charts. Damit zählt sie zu den 25 meistverkauften Platten der österreichischen Hitparade seit 1973. Die optimistischen 500 Stück der Erstauflage werden innerhalb kürzester Zeit mehr als verhundertfacht: Gold. Platin. Doppelplatin.

Der Nachfolger erscheint kaum ein Jahr später bei Universal und steht dem um nichts nach. “Bussi“ schießt mit den Singles “Bussi Baby“, “Meine beiden Schwestern“ und “1, 2, 3, 4“ an die Spitze der Charts. In Österreich hält sich das Album vier Wochen lang auf Platz 1. Auch in Deutschland und der Schweiz knackt es die Top 10. Die Feuilletons überschlagen sich mit Lob, es hagelt Auszeichnungen bei den Amadeus Austrian Music Awards (u.a. Band des Jahres 2016, Live-Act des Jahres 2016). Und als der Schriftsteller Rainald Goetz 2015 den Büchnerpreis erhält, beendet er seine Dankesrede mit einer Redewendung, die mittlerweile in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen ist: “Wenn jemand fragt, wofür du stehst sag: für Amore!“

Unterdessen spielen sich WANDA fast ins Grab. Drei Mal quer durch Österreich, Deutschland und die Schweiz in immer größeren Hallen. Als Headliner der größten deutschen Festivals. Auf See mit der “Bussi Kreuzfahrt“ und im Fernsehen bei “Inas Nacht“. Am Ende steht Marco Michael Wanda fassungslos auf der Bühne der ausverkauften Wiener Stadthalle und schreit ins Publikum: “Vielen Dank für die letzten zwei Jahre. Und danke für die nächsten 20. Oida!!“
Die nächsten 20 Jahre beginnen jetzt. Die neue Platte heißt “Niente“ und darauf finden sich wieder Hits wie “Columbo“ oder “Lascia mi fare“. Aber es sind die brüchigen Zwischentöne, die tiefer schwingen als alles, was man bisher von dieser Band gehört hat. Erinnerungen an die Kindheit geistern durch die Lieder, der Traum von einer einfacheren Zeit. Sie hallen wider in “Das Ende der Kindheit“, “0043“ oder “Café Kreisky“. Und am Ende winkt der Sensenmann, sozusagen der sechste WANDA. Ihm gebührt das letzte Wort: “Ich sterbe.“

Es muss halt jeder einmal untergehen. WANDA aber legen jetzt erst richtig los. Weiter, weiter! Es geht um alles.

Text: Reiner Reitsamer, Journalist

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