
Fast schon traditionell gastiert die Band um Dirk von Lotzow erneut wie nun schon einige Jahre und Touren im Kölner E-Werk. Gleich gegenüber im Palladium treibt die österreichische Band Bilderbuch ihr Unwesen, Köln-Mülheim ist somit voll im Konzertfieber
Bevor die Vorzeigeband der Hamburger Schule die Songs ihres aktuellen Werkes „Golden Years“ vorstellen kann, darf die Band Cava aus Berlin für den Abend eröffnen. Erneut gibt es mit dem Duo aus Peppi Ahrens und Mela Schulz einen weiblichen Support, die gekonnt harten Garage-Punk präsentieren und sich an Schlagzeug und E-Gitarre abwechseln. Sie präsentieren sich eindrucksvoll und werden bei mir im Kopf notiert, sich mal einen kompletten Gig der Damen anzusehen.
Nach der Umbaupause gibt es weitere Deja-Vu-Erlebnisse. Wieder ertönt beim Erlöschen des Saallichtes als Intro „Rittertanz“ aus Prokofjews Romeo und Julia und von Lotzow verwendet zur Begrüßung wieder die gleichen Sätze und begrüßt Köln aufs Allerherzlichste.
Und dann ist doch etwas anders, denn Gitarrist Rick McPhail fehlt aus gesundheitlichen und persönlichen Gründen. Dafür wurde als Ersatz niemand Geringeres als Felix Gebhard verpflichtet, den man aus Bands wie Home of the Lame, Einstürzende Neubauten sowie Muff Potter kennen kann. Durch ihn klingen die Stücke etwas roher und rockiger, die Gitarre spielt sich mehr in den Vordergrund.
Der Sound und das Licht sind gut und machen Lust auf mehr. Gerade das Farbenspiel aus helleren und dunkleren Farben je nach Stück unterstreichen perfekt die Stimmung und Ausrichtung des jeweiligen Songs. Obwohl das aktuelle Album „Golden Years“ mit sieben von 23 Liedern den Löwenanteil stellt, bleiben genug Hits übrig, um die Stimmung hochzuhalten.
Natürlich sind die Männer und ihre Texte alles andere als unpolitisch und das ist auch gut so. Und so thematisieren sie zum Beispiel in „Denn Sie Wissen Was Sie Tun“, den Rechtsruck in Deutschland. Und das ist beängstigend und beruhigend zugleich, denn in der Halle ist spürbar, hier hat der rechte Mob nicht den Hauch einer Chance.
Nur der Misanthrop kommt natürlich weiterhin voll auf die Kosten mit „Ich hasse es hier“ oder eben zum Schluss mit dem fantastischen Abschlusssong „Freiburg“, für den sich das Quartett lange bitten lässt. Aber genau mit dieser Stimmung das E-Werk zu verlassen ist der entscheidende Punkt. Dieser Mischung aus Hoffnung, Wut und Verachtung (der meisten Mitmenschen), diesen Mix verschafft dir nur ein Konzert von Tocotronic. Herrlich!
Setlist Tocotronic:
Der Tod ist nur ein Traum
Bleib am Leben
Digital ist besser
Aber hier leben, nein danke
Gegen den Strich
Sie wollen uns erzählen
Denn sie wissen, was sie tun
Der Seher
Wie ich mir selbst entkam
Ich hasse es hier
Bye Bye Berlin
Ich tauche auf
Golden Years
Let There Be Rock
Ich bin viel zu lange mit euch mitgegangen
Drüben auf dem Hügel
Das Geschenk
This Boy Is Tocotronic
Hi Freaks
Die Welt kann mich nicht mehr verstehen
Ich verabscheue euch wegen eurer Kleinkunst zutiefst
Explosion
Freiburg
Text: Jan Rombout
Erzählt von uns:

