„Sommer vorbei“ – Zugezogen Maskulin veröffentlichen weiteres Video aus „10 Jahre Abfuck“

Der Sommer gilt als unumstrittener König der Jahreszeiten. Keiner anderen Saison werden mehr Liebeslieder, Hymnen und Huldigungen gewidmet. Ein goldener Herbsttag kann noch so gemütlich sein, mit Kastanientierchen und einen schönen Kakao vor dem Kamin, ihm wird trotzdem nie so ein großes Oho entgegengebracht, wie einem brüllend heißen Augustnachmittag, an dem man sich den klebrigen Schweiß aus dem Gesicht wischt, mit glasigen Augen die brennende Sonne fixiert und sich doch noch ein Bier aufmacht, obwohl man vielleicht mal eine Pause machen sollte. Aber was wäre, wenn dieser Augustnachmittag, dieser Sommer, keine Ende findet? Wenn das Geschrei der Badegäste immer schriller wird, die Wespen immer aggressiver ums längst geschmolzene Eis surren, wenn die Sonne nicht mehr wärmt, sondern verbrennt, versengt und unerbittlich all die Makel und Traumata ausleuchtet, die man an einem Tag am See gerne vergessen würde.

Und so erzählen Zugezogen Maskulin auf „Sommer Vorbei“, ihrer neuen Single aus dem am 07.08.2020 erscheinendem Album „10 Jahre Abfuck“ von ihren Horror-Sommern: grim104 nimmt uns in eine gar nicht so lange vergangene Vergangenheit, in einen Festivalsommer in dem Bühnen und Gagen immer größer werden und die Freude daran immer kleiner, „Depressiver König Midas/ Was ich anfass: Gold!/ Stapel Scheine immer höher/ hoffentlich treff ich bald Gott“, mit dem Tod geliebter Menschen löst sich eine Welt auf, aber The Show must go on, der nächste Backstage ruft und im Hotel wird wieder mit dürren, langen Fingern die eigene Seele befingert, „Die gelbe Sonne lacht/ legt mir Strahlen auf die Schulter, die mich wärmen sollen, ich zieh die Vorhänge runter/ Schlafe wie ein Baby, was in etwas heisst/ dass ich alle drei Stunden wach werd und wein’“

Und Testo? Dessen Zeitmaschine landet in Ostdeutschland, in den Ruinen eines gerade erst untergegangenen Staates. Es sind die ersten Sommer im geeinten Deutschland, aber es mag kein richtiges Funbad-Feeling aufkommen, wenn in den aufgeheizten Nächten finstere Parolen durch die Dunkelheit donnern und er dabei zusieht, Faustrecht und giftige Männlichkeit wie ein verseuchter Regen in sein Kinder-Ich, in seine älteren Brüdern und Cousins einsickert, in die Schwachen und Weichen und Fremden. „Vom Himmel brennt die Gelbe Sau/ in deim‘ Gesicht ’ne Fremde Faust/ Trabbi fährt vorbei, alle rümpfen die Nase/ spuck auf den Boden/ Salzige Marmelade“. Und während Badestrand und Schwimmbad von Männern mit kurzen, blonden Haaren eingenommen werden, bleibt den anderen nur die Flucht in die heimische Höhle, „Kissen übern Kopf, wenn sie ums Bett rumtanzen/ Dunkle Blöcke die unendlich in den roten Himmel wachsen“

Und dabei klingt „Sommer Vorbei“ melancholisch und leichtfüßig, süß und bitter, nach einem Aperol Spritz-Glas, in dem eine Wespe ertrinkt, nach einem Sommerabend, an dem sich das Rot des Himmels langsam blau färbt. Der Beat von Silkersoft lässt die dritte Single-Auskopplung von Zugezogen Maskulin traurig und warm klingen, nach Summertime Sadness in Zeiten von Corona, Massenprotesten und brennenden Kontinenten.

Sowieso: Das dieser rauschhafte Rückblick trotzdem so zeitgeistig, weltläufig und aktuell klingt, ist vor allem Ahzumjot zu verdanken, der als Executive Producer auf „10 Jahre Abfuck“ gearbeitet hat. Der 30-Jährige Hamburger hat der Platte ein minimalistisches und elegantes Soundbild entworfen, in den Produktionen wurde jeder unnötige Pomp abgestossen, kein Geigen-und-Piano-Pathos, sondern finstere Bass Music und zerhackte, zerschnittene Samples die ineinander gewirbelt werden.

Und bei aller Modernität, es klingt nie glatt, nie beliebig, immer werden Kanten und Brüche in die Songs eingebaut. Diese Weirdness blitzt immer wieder auf den Produktionen von Silkersoft auf, der neben Ahzumjot für die Beats auf dem dritten Studio-Album von Zugezogen Maskulin verantwortlich ist.

Und so ist „10 Jahre Abfuck“ Rückschau und Aufbruch zugleich: In einen eleganten und hypermodernen Sound eingepackt, schreiben grim104 und Testo über längst verblasste Anfänge, wühlen im Morast zwischen der Kindheit und ersten Gehversuchen auf Bühnen, Beziehungen und Selbstbehauptungen. Und blicken gleichzeitig in eine Zukunft, die alles sein kann: Hamsterrad oder Emanzipation, strahlende Zukunft oder, hoffen wir es nicht, 10 JAHRE ABFUCK!

Text: Pressemitteilung

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