
Ein Abend zwischen Kunst, Kult und Klanggewalt – das Carlswerk Victoria erlebt Talking Heads-Magie im Hier und Jetzt.
Am 23. Mai 2025 verwandelte sich das Carlswerk Victoria in Köln in einen pulsierenden Schmelztiegel aus Rhythmus, Klang und kontrolliertem Wahnsinn. Jerry Harrison (Ex-Talking Heads) und Adrian Belew (u. a. King Crimson) machten im Rahmen ihrer gefeierten Remain In Light-Tour Station – und lieferten ein Konzert, das ebenso Hommage war wie kreative Wiedergeburt.
„This ain’t no party, this ain’t no disco“ – doch es groovte wie beides zugleich
Von der ersten Minute an wurde klar: Dies war mehr als bloße Retro-Romantik. Mit wuchtigen Beats, nervösen Gitarrenriffs und hypnotischem Gesang holte die Band das ikonische Album Remain in Light aus dem Jahr 1980 ins Jahr 2025 – und füllte es mit neuer Dringlichkeit. Songs wie Crosseyed and Painless, Houses in Motion oder das wuchtige Born Under Punches wurden durch Harrison, Belew und ihre exzellent besetzte Band nicht nur gespielt, sondern gefeiert – als Statement gegen Stillstand und musikalische Beliebigkeit.
Adrian Belew: Soundtüftler, Wirbelwind, Gitarrenhexer
Adrian Belew brillierte mit seinem charakteristischen Spiel – mal zerfranst, mal singend, oft beides zugleich. Seine Sounds riefen Erinnerungen an das legendäre Konzertfilm-Meisterwerk Stop Making Sense wach, doch statt bloßer Reinszenierung war hier Transformation angesagt: keine Kopie des Originals, sondern eine organische Weiterentwicklung – kantiger, grooviger, mit ordentlich Punch.
Jerry Harrison: Der Architekt des Art-Funk
Harrison führte durch den Abend wie ein Architekt durch sein eigenes Bauwerk – präzise, mit Sinn für Struktur und Klangbalance. Zwischen Keyboard-Wänden und Gitarren-Patterns sorgte er für das Gerüst, auf dem sich das musikalische Spektakel entfalten konnte.
Und das Publikum? Im Ausnahmezustand.
Das ausverkaufte Carlswerk Victoria tanzte, sang und feierte – nicht nur Songs wie Once in a Lifetime oder Psycho Killer, sondern das Lebensgefühl, das diese Musik transportiert. Die Grenzen zwischen Konzert, Ritual und kollektiver Ekstase verschwammen mehr als einmal – ganz im Sinne von Stop Making Sense, jenem Meilenstein, in dem Wahnsinn plötzlich Sinn ergibt.
Fazit: Vergangenheit als Sprungbrett
Jerry Harrison und Adrian Belew zeigten in Köln, wie man Legenden nicht verwaltet, sondern befreit. Remain In Light war einst das vielleicht kühnste Talking-Heads-Album – und wurde hier zur entfesselten Live-Erfahrung. Wer dabei war, hat nicht nur ein Konzert erlebt, sondern ein Stück Musikgeschichte in Bewegung.
Setlist:
01. Psycho Killer
02. Crosseyed and Painless
03. Houses in Motion
04. I Zimbra
05. Born Under Punches (The Heat Goes On)
06. Cities
07. Rev It Up
08. Slippery People
09. Thela Hun Ginjeet
10. Once in a Lifetime
11. Life During Wartime
12. Take Me to the River
13. Drugs
14. The great curve
Text: Dennis Kresse
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